”Dieses Hotel ist nicht für jedermann“, betont Alessandro Gallo seine Ausnahmestellung. Sondern für Menschen gedacht, die es zu schätzen wissen, dass schon die Lobby des The Venice Venice als atemberaubende Installation inszeniert ist: Der Raumaus Backsteinen ist mit Wasser geflutet, aus dem zwei Marmorskulpturen von Fabio Viale aufragen, die Michelangelos berühmte Pietà aus dem Petersdom zu zwei Skulpturen trennen. Auch die 43 Zimmer und Suiten, die Bar, das Spa und der Seiteneingang im Erdgeschoss dienen als Ausstellungsflächen für museumsreife Werke. „Unser Projekt beschäftigt sich mit dem Dialog zwischen der tausendjährigen Geschichte des Gebäudes und zeitgenössischer Kunst“, erklärt Gallo. „Im letzten Jahrtausend war Venedig die am stärksten, „kontaminierte” Stadt der Welt. Wir wollen diese Art von kultureller Interaktion wieder ermöglichen.“
Die Geschichte beginnt kurz vor der Covid-Pandemie. 2019 erwerben Alessandro Gallo und seine Frau Francesca Rinaldo die baufällige Ca’da Mosto gerade rechtzeitig, bevor sie droht, in den Canal Grande zu rutschen. Zunächst schwebt ihnen ein Immobilienprojekt vor – bis sie sich näher mit der Geschichte des Gebäudes befassen. Ca’ da Mosto, so lernen sie, war das erste Steingebäude am Canal Grande, zeigt die einzige byzantinische Fassade in der Lagune und beherbergte im Lauf seiner Geschichte als erste Nobelherberge Venedigs Könige und Künstler. „Wir fingen an zu überlegen, wie wir alle unsere Facetten zusammenbringen könnten“, erzählt Gallo. „Wir wollten einen Platz schaffen, an dem man Musik hören und über einem guten Essen diskutieren kann. Man sollte Leute treffen, übernachten und Kunst intensiv und ungestört erleben können. Letztendlich entschieden wir uns, ein Hotel zu eröffnen, weil in ihm all das möglich ist.“ Mittlerweile gilt The Venice Venice als die angesagteste, weil außergewöhnlichste Adresse der Lagunenstadt. Während der Biennale oder der Filmfestspiele ist es fast unmöglich, hier ein Zimmer zu bekommen. Im Restaurant und auf der Kanalterrasse dagegen ist jeder willkommen. Man kann keinen Tisch reservieren, first come, first serve.
Bei der fünfjährigen Instandsetzung, die auch den benachbarten Palazzo Dolfin integrierte, wurde auf Brokat, Samt sowie grenzkitschige Glaskunst verzichtet. Alles wirkt frisch und persönlich, weil Francesca und Alessandro jedes Detail selbst designten und mit Mid-century-Funden oder modernen Murano-Teilen kombinierten. „Die Idee war, die Geschichte zu bewahren und gleichzeitig disruptive Elemente einzubauen“, erklärt Alessandro Gallo und nippt an seinem Espresso. „Der Sotoportego, in dem wir gerade sitzen, war früher ein Marktplatz, den viele Menschen durchquerten. Jetzt ist er das wieder, auf eine neue Art.“
In der ehemaligen Passage, die auf der Kanalterrasse des Hotels endet, fanden das Restaurant, die Bar und die verschiedenen Einrichtungen des öffentlichen Hotelbereichs ihren Platz. Neben eigenen Parfums, Kosmetika und Home Accessoires gibt es Mode, einen Blumen- und Buchladen und – last not least – ausgesuchte Golden-Goose-Modelle. Schließlich bilden die Kult-Sportschuhe die Basis, auf der The Venice Venice ruht.
„Als wir die Marke gründeten, waren meine Frau und ich 19 Jahre alt und studierten noch“, erzählt Alessandro Gallo. „Wir hatten keinen Plan, aber viel Lust darauf, etwas Neues zu machen.“ Golden Goose avancierte in kurzer Zeit zu einem umsatzstarken, internationalen Luxuslabel. Gallo und Rinaldo verkauften die Firma 2017 für 400 Millionen Euro an eine Private-Equity-Gesellschaft. „Mode genügte uns nicht mehr. Wir begannen, uns mit Kunst zu befassen.“ Mit dem Ergebnis, dass Gallo bereits zwei Jahre später damit beauftragt wurde, den Venezianischen Pavillon der Kunstbiennale zu kuratieren.
Erinnerungen an die Anfänge der Marke finden sich heute in der Einrichtung wieder. Das geprägte Leder auf den Bett-Kopfteilen, Sesselbezügen und Paraventbespannungen etwa zitiert Golden Gooses erstes Sneaker-Modell. Von exquisiten Licht- und Klimaanlagepaneelen über bernsteinfarbene Zahnbecher (sie werden auffällig oft „aus Versehen” mitgenommen) bis hin zu den Badprodukten trägt alles im Venice Venice die persönliche Handschrift des Paares. Man fühlt sich nicht wie in einem Hotel, sondern wie im privaten Palazzo eines hochkarätigen Sammlers.
”Für uns ist Kunst kein Addendum, sondern Grund für alles. Auch darin unterscheidet sich The Venice Venice von den sogenannten ‚Kunsthotels‘“, meint Gallo. Kreative und Galeristen konnten „ihren“ Raum selbst wählen oder entscheiden, wie sie ihn nutzen würden. Der Installationskünstler Francesco Simeti etwa entwarf für den „Venice Bitter Club“ im ersten Stock zwei riesige Wandteppiche, deren Realisation so aufwendig war, dass es allein zehn Monate dauerte, die Farbcodes für den Webstuhl zu programmieren. Die Rumänin Victoria Zidaru beschloss, das Hotel-Spa in eine Art duftende Umarmung zu verwandeln. Ihre Installation aus wurzelartig verwobenen Leinenschläuchen ist mit selbstgepflückten Kräutern gefüllt, die nach Bergwiesen duften. Das New Yorker Atelier, in dem der Fotograf Renato D‘Agostin lebte, bevor er 2018 nach Venedig zurückkehrte, bot die Inspiration für das „Veni Etiam“-Loft. Neben monochromen Abzügen seiner Arbeiten findet sich hier eine seiner alten analogen Kameras. Gäste können mit ihr Filmrollen belichten, die D‘Agostin dann persönlich für sie entwickelt.
Während der Biennale oder der Filmfestspiele ist es fast unmöglich, hier ein Zimmer zu bekommen
Man kann auch in einer Suite mit Kanalblick übernachten, die als Hommage an Christo und Jeanne-Claude konzipiert ist und Originalskizzen ihrer Verhüllungsprojekte enthält. Oder in einem Zimmer im Dachgeschoss, das der Fluxus-Bewegung gewidmet ist. Hier kann der Gast die Videoarbeit „I Like America and America Likes Me“ von Joseph Beuys aus dem Jahr 1974 so oft abspielen, wie er möchte. Ein anderer Raum befasst sich ausschließlich mit Werken, die auf der Biennale ausgestellt waren. Der mystischste Ort von allen aber entstand im Erdgeschoss. Einem bekannten Modedesigner gefällt die Suite mit dem einzigen Privatpool Venedigs, der lebendige Lichtreflexe über die Wände tanzen lässt, besonders gut. Er zieht sich zweimal jährlich wochenlang hierher zurück, um neue Kollektionen zu entwerfen.
R35, die derzeit größte Suite Venedigs, die sich über zwei Etagen und zwei Schlafzimmer erstreckt, beschäftigt sich mit dem Arte-Povera-Künstler Jannis Kounellis und hat eine besondere Geschichte. Am linken Ende der Fensterfront zum Kanal hin gibt es eine Stelle, an der der venezianische Maler Canaletto im 18. Jahrhundert seine berühmten Rialto-Szenen schuf. Denkt man die Motorboote weg, sehen Brücke und die antike Wasserstraße genauso aus wie damals. Mehr Venedig geht nicht. Ist das der Grund für den doppelten Hotelnamen? „Nein“, sagt Gallo. „Eigentlich ist die Idee, den Venedig-Spirit weiter in die Welt zutragen. Wir hoffen, dass es in Zukunft ein Venice Paris, Venice New York oder Venice Munich geben wird.”
Ab 600 Euro, Canareggio 5631, Venedig, T. +39.041.097 03 00, venicevenice.com
”Dieses Hotel ist nicht für jedermann“, betont Alessandro Gallo seine Ausnahmestellung. Sondern für Menschen gedacht, die es zu schätzen wissen, dass schon die Lobby des The Venice Venice als atemberaubende Installation inszeniert ist: Der Raumaus Backsteinen ist mit Wasser geflutet, aus dem zwei Marmorskulpturen von Fabio Viale aufragen, die Michelangelos berühmte Pietà aus dem Petersdom zu zwei Skulpturen trennen. Auch die 43 Zimmer und Suiten, die Bar, das Spa und der Seiteneingang im Erdgeschoss dienen als Ausstellungsflächen für museumsreife Werke. „Unser Projekt beschäftigt sich mit dem Dialog zwischen der tausendjährigen Geschichte des Gebäudes und zeitgenössischer Kunst“, erklärt Gallo. „Im letzten Jahrtausend war Venedig die am stärksten, „kontaminierte” Stadt der Welt. Wir wollen diese Art von kultureller Interaktion wieder ermöglichen.“
Die Geschichte beginnt kurz vor der Covid-Pandemie. 2019 erwerben Alessandro Gallo und seine Frau Francesca Rinaldo die baufällige Ca’da Mosto gerade rechtzeitig, bevor sie droht, in den Canal Grande zu rutschen. Zunächst schwebt ihnen ein Immobilienprojekt vor – bis sie sich näher mit der Geschichte des Gebäudes befassen. Ca’ da Mosto, so lernen sie, war das erste Steingebäude am Canal Grande, zeigt die einzige byzantinische Fassade in der Lagune und beherbergte im Lauf seiner Geschichte als erste Nobelherberge Venedigs Könige und Künstler. „Wir fingen an zu überlegen, wie wir alle unsere Facetten zusammenbringen könnten“, erzählt Gallo. „Wir wollten einen Platz schaffen, an dem man Musik hören und über einem guten Essen diskutieren kann. Man sollte Leute treffen, übernachten und Kunst intensiv und ungestört erleben können. Letztendlich entschieden wir uns, ein Hotel zu eröffnen, weil in ihm all das möglich ist.“ Mittlerweile gilt The Venice Venice als die angesagteste, weil außergewöhnlichste Adresse der Lagunenstadt. Während der Biennale oder der Filmfestspiele ist es fast unmöglich, hier ein Zimmer zu bekommen. Im Restaurant und auf der Kanalterrasse dagegen ist jeder willkommen. Man kann keinen Tisch reservieren, first come, first serve.
Bei der fünfjährigen Instandsetzung, die auch den benachbarten Palazzo Dolfin integrierte, wurde auf Brokat, Samt sowie grenzkitschige Glaskunst verzichtet. Alles wirkt frisch und persönlich, weil Francesca und Alessandro jedes Detail selbst designten und mit Mid-century-Funden oder modernen Murano-Teilen kombinierten. „Die Idee war, die Geschichte zu bewahren und gleichzeitig disruptive Elemente einzubauen“, erklärt Alessandro Gallo und nippt an seinem Espresso. „Der Sotoportego, in dem wir gerade sitzen, war früher ein Marktplatz, den viele Menschen durchquerten. Jetzt ist er das wieder, auf eine neue Art.“
In der ehemaligen Passage, die auf der Kanalterrasse des Hotels endet, fanden das Restaurant, die Bar und die verschiedenen Einrichtungen des öffentlichen Hotelbereichs ihren Platz. Neben eigenen Parfums, Kosmetika und Home Accessoires gibt es Mode, einen Blumen- und Buchladen und – last not least – ausgesuchte Golden-Goose-Modelle. Schließlich bilden die Kult-Sportschuhe die Basis, auf der The Venice Venice ruht.
„Als wir die Marke gründeten, waren meine Frau und ich 19 Jahre alt und studierten noch“, erzählt Alessandro Gallo. „Wir hatten keinen Plan, aber viel Lust darauf, etwas Neues zu machen.“ Golden Goose avancierte in kurzer Zeit zu einem umsatzstarken, internationalen Luxuslabel. Gallo und Rinaldo verkauften die Firma 2017 für 400 Millionen Euro an eine Private-Equity-Gesellschaft. „Mode genügte uns nicht mehr. Wir begannen, uns mit Kunst zu befassen.“ Mit dem Ergebnis, dass Gallo bereits zwei Jahre später damit beauftragt wurde, den Venezianischen Pavillon der Kunstbiennale zu kuratieren.
Erinnerungen an die Anfänge der Marke finden sich heute in der Einrichtung wieder. Das geprägte Leder auf den Bett-Kopfteilen, Sesselbezügen und Paraventbespannungen etwa zitiert Golden Gooses erstes Sneaker-Modell. Von exquisiten Licht- und Klimaanlagepaneelen über bernsteinfarbene Zahnbecher (sie werden auffällig oft „aus Versehen” mitgenommen) bis hin zu den Badprodukten trägt alles im Venice Venice die persönliche Handschrift des Paares. Man fühlt sich nicht wie in einem Hotel, sondern wie im privaten Palazzo eines hochkarätigen Sammlers.
”Für uns ist Kunst kein Addendum, sondern Grund für alles. Auch darin unterscheidet sich The Venice Venice von den sogenannten ‚Kunsthotels‘“, meint Gallo. Kreative und Galeristen konnten „ihren“ Raum selbst wählen oder entscheiden, wie sie ihn nutzen würden. Der Installationskünstler Francesco Simeti etwa entwarf für den „Venice Bitter Club“ im ersten Stock zwei riesige Wandteppiche, deren Realisation so aufwendig war, dass es allein zehn Monate dauerte, die Farbcodes für den Webstuhl zu programmieren. Die Rumänin Victoria Zidaru beschloss, das Hotel-Spa in eine Art duftende Umarmung zu verwandeln. Ihre Installation aus wurzelartig verwobenen Leinenschläuchen ist mit selbstgepflückten Kräutern gefüllt, die nach Bergwiesen duften. Das New Yorker Atelier, in dem der Fotograf Renato D‘Agostin lebte, bevor er 2018 nach Venedig zurückkehrte, bot die Inspiration für das „Veni Etiam“-Loft. Neben monochromen Abzügen seiner Arbeiten findet sich hier eine seiner alten analogen Kameras. Gäste können mit ihr Filmrollen belichten, die D‘Agostin dann persönlich für sie entwickelt.
Während der Biennale oder der Filmfestspiele ist es fast unmöglich, hier ein Zimmer zu bekommen
Man kann auch in einer Suite mit Kanalblick übernachten, die als Hommage an Christo und Jeanne-Claude konzipiert ist und Originalskizzen ihrer Verhüllungsprojekte enthält. Oder in einem Zimmer im Dachgeschoss, das der Fluxus-Bewegung gewidmet ist. Hier kann der Gast die Videoarbeit „I Like America and America Likes Me“ von Joseph Beuys aus dem Jahr 1974 so oft abspielen, wie er möchte. Ein anderer Raum befasst sich ausschließlich mit Werken, die auf der Biennale ausgestellt waren. Der mystischste Ort von allen aber entstand im Erdgeschoss. Einem bekannten Modedesigner gefällt die Suite mit dem einzigen Privatpool Venedigs, der lebendige Lichtreflexe über die Wände tanzen lässt, besonders gut. Er zieht sich zweimal jährlich wochenlang hierher zurück, um neue Kollektionen zu entwerfen.
R35, die derzeit größte Suite Venedigs, die sich über zwei Etagen und zwei Schlafzimmer erstreckt, beschäftigt sich mit dem Arte-Povera-Künstler Jannis Kounellis und hat eine besondere Geschichte. Am linken Ende der Fensterfront zum Kanal hin gibt es eine Stelle, an der der venezianische Maler Canaletto im 18. Jahrhundert seine berühmten Rialto-Szenen schuf. Denkt man die Motorboote weg, sehen Brücke und die antike Wasserstraße genauso aus wie damals. Mehr Venedig geht nicht. Ist das der Grund für den doppelten Hotelnamen? „Nein“, sagt Gallo. „Eigentlich ist die Idee, den Venedig-Spirit weiter in die Welt zutragen. Wir hoffen, dass es in Zukunft ein Venice Paris, Venice New York oder Venice Munich geben wird.”
Ab 600 Euro, Canareggio 5631, Venedig, T. +39.041.097 03 00, venicevenice.com
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