Boot wir auf Hochglanz geputzt
© J Craft Boats
Boot wir auf Hochglanz geputzt
© J Craft Boats
Text Katharina Hesedenz

Er sieht aus wie einer, der sein Smörrebröd – wie seine Vorfahren hier auf Gotland – mit dem Bau von Langbooten verdient. Was gar nicht so weit hergeholt ist. Schon mit 16 hat Johan Hallén sein erstes Boot renoviert, für die schwedische Marine war er als Minentaucher und Ausbildungsoffizier tätig. Als der Zerfall der Sowjetunion die gotländische Militärbasis redundant machte (sie wird übrigens gerade wiederaufgebaut), hielt er sich mit Bootsreparaturen über Wasser. Bis er 1999 Björn Jansson kennenlernte, einen umtriebigen Hotelier und Gastronomen aus Stockholm. Der wünschte sich, von Wein beseelt, ein Boot, das die legendäre Riva Aquarama vom Iseosee in den Schatten stellen würde. Eine Art schwimmender Ferrari schwebte ihm vor, PS-stärker und sportlicher als ihr Vorbild, aus Glasfaser gebaut statt aus Holz. Hallén gab zu bedenken, dass man mindestens fünf solcher Runabouts – der englische Fachbegriff für offene Sportboote – bauen müsse, um halbwegs vernünftig kalkulieren zu können. „Dafür hat man doch Kontakte“, entgegnete Jansson, stand auf und meldete sich 24 Stunden später wieder zurück. Da hatte er schon fünf Stück verkauft, das erste davon an Carl Gustaf von Schweden.

Mit ein paar Skizzen in der Hand war es ihm gelungen, den König für den geplanten Cabrio Cruiser zu begeistern. Ein Name für die Firma war ebenfalls schnell gefunden, J wie Jansson. Bereits nach einem Monat schrieb J Craft schwarze Zahlen. Doch nach der Fertigstellung des siebten Cruisers brach die Glückssträhne ab. Björn Jansson wurde krank, die junge Marke geriet ins Trudeln. Es schien an der Zeit, das Ruder einem anderen zu übergeben.

Johan Hallén von J Craft
© J Craft Boats
Seit 1999 ist Johan Halléns Werft auf Gotland auf den Bau der raren Runabouts spezialisiert.

Radenko Milakovic, ein in der Nähe des Bodensees aufgewachsener Hedgefonds-Manager, war bereit, es zu übernehmen. 2007 hatte er vom Balkon seines Hotels an der Côte d’Azur aus beobachtet, wie eine J Craft im türkisblauen Wasser ihre Bahnen zog. „Ich beschloss auf der Stelle, sie zu mieten“, erzählt er. „Aus einem Monat wurden zwei, und am Ende kaufte ich die ganze Firma.“

Gemeinsam mit Hallén beschloss er, das alte Antriebssystem durch einen IPS-Motor von Volvo Penta zu ersetzen. Er war komfortabler, schneller, wendiger und leiser, last not least machten seine über Joystick kontrollierten Propellereinheiten das Manövrieren zum Kinderspiel. Die J Craft Torpedo war geboren. Bei seinem Launch in Monaco 2009 stieß Roger Moore mit Champagner darauf an, „dass das Boot auch jedem meiner sieben Bond-Girls gefallen hätte.“

Der Geburtsort der Glamour-Boote erinnert eher an eine Autogarage. An unterschiedlichen Stationen erledigen Mitarbeiter hochkonzentriert ihre Aufgaben. Zum zwölfköpfigen Team gehört ein Holzflüsterer namens Niklas, der jedes Mahagoniteil schleift und lackiert, schleift und lackiert, bis man ihn bittet, endlich aufzuhören. Das Laminieren der Glasfaser-Sandwich-Rümpfe in Vakuum-Infusionstechnik erledigen Elisabet und Raimon. Die Elektronik, die Gangways und Tischen erlaubt, sich hydraulisch zu bewegen, wird von Zoltan aufwendig versteckt. Um die massiven Holzstreben, aus denen das Vorderdeck entsteht, in einem Uralt-Ofen zu erhitzen und mit Schraubzwingen zurechtzubiegen, müssen mindestens vier starke Männer ihre Muskeln spielen lassen. Die Methode stammt aus der Wikingerzeit.

Das Team der J Craft steht vorm Boot
© J Craft Boats
Steuerrad der J Craft
© J Craft Boats
Das 12-köpfige Team der Werfthalle von J Craft (li.). Das Lenkrad stammt vom Hersteller Nardi und gleicht dem eines Ferrari 250 GTO.

Drei bis dreieinhalb Torpedos entstehen so pro Jahr. In jeder von ihnen stecken bis zu 10000 Stunden Arbeit, die Wertschöpfung findet zu mehr als 90 Prozent in Schweden statt. Gestelle und Schränke werden in einer Holzwerkstatt eine Tür weiter produziert, die Polster im Umkreis von ein paar Kilometern. Das Programm, das erlaubt, die Anzeigen des Bordcomputers nach Lust und Laune auf eine Reihe altmodischer Kippschalter und Kontrollfenster umzulegen, hat ein Stockholmer IT-Dienstleister geschrieben. Das Garmin-Navigationssystem stammt aus der Schweiz, die verchromten Flachleisten von Thyssen Krupp und das hinreißende Retro-Lenkrad vom italienischen Hersteller Nardi. Es gleicht dem eines Ferrari 250 GTO aus den 60er-Jahren.

Sämtliche Details werden nach Wunsch gefertigt, begehrliche Accessoires inklusive. Die Werft bietet passendes Reisegepäck, Rosenthal-Porzellan, einen Teppanyaki-Grill, einen Humidor oder ein von Prinz Carl Philip von Schweden designtes silbernes Besteckset für vier Personen an. So viele können in der Kabine übernachten, deren Bänke und Decken meist mit Stoffen von Hermès oder Loro Piana bezogen sind. Wer jetzt bestellt, kann seine individuell ausgestattete J Craft in zwei Jahren in Empfang nehmen, der Preis liegt zwischen 1,8 und zwei Millionen Euro. Was gar nicht soviel ist, wenn man bedenkt, dass es sich um ein ultimatives Sammlerstück handelt, fast so selten wie eine Blaue Mauritius. Seit 1999 wurden 32 Boote fertiggestellt, die Namen vieler Besitzer finden sich auf der Milliardärsliste von Forbes wieder. Manchen von ihnen reicht eine J nicht aus, sie wünschen sich zwei oder drei, oft als Beiboote ihrer Superyacht. Und sorgen so dafür, dass Johan Hallén im Geschäft bleibt.

Technische Daten

Länge über alles: 12,63 m
Breite über alles: 3,63 m
Max. Geschwindigkeit:47 kn
Länge an Deck:12,16 m
Geschätzte Reichweite: 280 NM bei 30 kn
Treibstoff-Kapazität: 800 l (210 gal)
Frischwasser:200 l (53 gal)
Material Rumpf: Vinylester, Glasfaser, PVC-Kern
Tiefgang: 0,95 m
Motoren: 2 x Volvo Penta IPS 650
Unterkunft: 4 Schlafplätze
Reisegeschwindigkeit: 30 kn
Getriebe:Volvo Penta IPS

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Er sieht aus wie einer, der sein Smörrebröd – wie seine Vorfahren hier auf Gotland – mit dem Bau von Langbooten verdient. Was gar nicht so weit hergeholt ist. Schon mit 16 hat Johan Hallén sein erstes Boot renoviert, für die schwedische Marine war er als Minentaucher und Ausbildungsoffizier tätig. Als der Zerfall der Sowjetunion die gotländische Militärbasis redundant machte (sie wird übrigens gerade wiederaufgebaut), hielt er sich mit Bootsreparaturen über Wasser. Bis er 1999 Björn Jansson kennenlernte, einen umtriebigen Hotelier und Gastronomen aus Stockholm. Der wünschte sich, von Wein beseelt, ein Boot, das die legendäre Riva Aquarama vom Iseosee in den Schatten stellen würde. Eine Art schwimmender Ferrari schwebte ihm vor, PS-stärker und sportlicher als ihr Vorbild, aus Glasfaser gebaut statt aus Holz. Hallén gab zu bedenken, dass man mindestens fünf solcher Runabouts – der englische Fachbegriff für offene Sportboote – bauen müsse, um halbwegs vernünftig kalkulieren zu können. „Dafür hat man doch Kontakte“, entgegnete Jansson, stand auf und meldete sich 24 Stunden später wieder zurück. Da hatte er schon fünf Stück verkauft, das erste davon an Carl Gustaf von Schweden.

Mit ein paar Skizzen in der Hand war es ihm gelungen, den König für den geplanten Cabrio Cruiser zu begeistern. Ein Name für die Firma war ebenfalls schnell gefunden, J wie Jansson. Bereits nach einem Monat schrieb J Craft schwarze Zahlen. Doch nach der Fertigstellung des siebten Cruisers brach die Glückssträhne ab. Björn Jansson wurde krank, die junge Marke geriet ins Trudeln. Es schien an der Zeit, das Ruder einem anderen zu übergeben.

Johan Hallén von J Craft
© J Craft Boats
Seit 1999 ist Johan Halléns Werft auf Gotland auf den Bau der raren Runabouts spezialisiert.

Radenko Milakovic, ein in der Nähe des Bodensees aufgewachsener Hedgefonds-Manager, war bereit, es zu übernehmen. 2007 hatte er vom Balkon seines Hotels an der Côte d’Azur aus beobachtet, wie eine J Craft im türkisblauen Wasser ihre Bahnen zog. „Ich beschloss auf der Stelle, sie zu mieten“, erzählt er. „Aus einem Monat wurden zwei, und am Ende kaufte ich die ganze Firma.“

Gemeinsam mit Hallén beschloss er, das alte Antriebssystem durch einen IPS-Motor von Volvo Penta zu ersetzen. Er war komfortabler, schneller, wendiger und leiser, last not least machten seine über Joystick kontrollierten Propellereinheiten das Manövrieren zum Kinderspiel. Die J Craft Torpedo war geboren. Bei seinem Launch in Monaco 2009 stieß Roger Moore mit Champagner darauf an, „dass das Boot auch jedem meiner sieben Bond-Girls gefallen hätte.“

Der Geburtsort der Glamour-Boote erinnert eher an eine Autogarage. An unterschiedlichen Stationen erledigen Mitarbeiter hochkonzentriert ihre Aufgaben. Zum zwölfköpfigen Team gehört ein Holzflüsterer namens Niklas, der jedes Mahagoniteil schleift und lackiert, schleift und lackiert, bis man ihn bittet, endlich aufzuhören. Das Laminieren der Glasfaser-Sandwich-Rümpfe in Vakuum-Infusionstechnik erledigen Elisabet und Raimon. Die Elektronik, die Gangways und Tischen erlaubt, sich hydraulisch zu bewegen, wird von Zoltan aufwendig versteckt. Um die massiven Holzstreben, aus denen das Vorderdeck entsteht, in einem Uralt-Ofen zu erhitzen und mit Schraubzwingen zurechtzubiegen, müssen mindestens vier starke Männer ihre Muskeln spielen lassen. Die Methode stammt aus der Wikingerzeit.

Das Team der J Craft steht vorm Boot
© J Craft Boats
Steuerrad der J Craft
© J Craft Boats
Das 12-köpfige Team der Werfthalle von J Craft (li.). Das Lenkrad stammt vom Hersteller Nardi und gleicht dem eines Ferrari 250 GTO.

Drei bis dreieinhalb Torpedos entstehen so pro Jahr. In jeder von ihnen stecken bis zu 10000 Stunden Arbeit, die Wertschöpfung findet zu mehr als 90 Prozent in Schweden statt. Gestelle und Schränke werden in einer Holzwerkstatt eine Tür weiter produziert, die Polster im Umkreis von ein paar Kilometern. Das Programm, das erlaubt, die Anzeigen des Bordcomputers nach Lust und Laune auf eine Reihe altmodischer Kippschalter und Kontrollfenster umzulegen, hat ein Stockholmer IT-Dienstleister geschrieben. Das Garmin-Navigationssystem stammt aus der Schweiz, die verchromten Flachleisten von Thyssen Krupp und das hinreißende Retro-Lenkrad vom italienischen Hersteller Nardi. Es gleicht dem eines Ferrari 250 GTO aus den 60er-Jahren.

Sämtliche Details werden nach Wunsch gefertigt, begehrliche Accessoires inklusive. Die Werft bietet passendes Reisegepäck, Rosenthal-Porzellan, einen Teppanyaki-Grill, einen Humidor oder ein von Prinz Carl Philip von Schweden designtes silbernes Besteckset für vier Personen an. So viele können in der Kabine übernachten, deren Bänke und Decken meist mit Stoffen von Hermès oder Loro Piana bezogen sind. Wer jetzt bestellt, kann seine individuell ausgestattete J Craft in zwei Jahren in Empfang nehmen, der Preis liegt zwischen 1,8 und zwei Millionen Euro. Was gar nicht soviel ist, wenn man bedenkt, dass es sich um ein ultimatives Sammlerstück handelt, fast so selten wie eine Blaue Mauritius. Seit 1999 wurden 32 Boote fertiggestellt, die Namen vieler Besitzer finden sich auf der Milliardärsliste von Forbes wieder. Manchen von ihnen reicht eine J nicht aus, sie wünschen sich zwei oder drei, oft als Beiboote ihrer Superyacht. Und sorgen so dafür, dass Johan Hallén im Geschäft bleibt.

Technische Daten

Länge über alles: 12,63 m
Breite über alles: 3,63 m
Max. Geschwindigkeit:47 kn
Länge an Deck:12,16 m
Geschätzte Reichweite: 280 NM bei 30 kn
Treibstoff-Kapazität: 800 l (210 gal)
Frischwasser:200 l (53 gal)
Material Rumpf: Vinylester, Glasfaser, PVC-Kern
Tiefgang: 0,95 m
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Unterkunft: 4 Schlafplätze
Reisegeschwindigkeit: 30 kn
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