Mann vor einem Kamin, mit Accessoires von JP Demeyer
© J.P. Demeyer
Mann vor einem Kamin, mit Accessoires von JP Demeyer
© J.P. Demeyer
Text Katharina Hesedenz

”Warum wollen alle immer über Farben reden?“, fragt sich Jean-Philippe Demeyer. Und gibt gleich die Antwort: „Die Welt ist Farbe. Die Natur ist Farbe. Warum also sollten Innenräume beige sein?“ Axel Vervoordt, der andere herausragende belgische Galerist und Innenarchitekt, würde vermutlich antworten: „Um Harmonie zu erlangen.“ Doch Jean-Philippe Demeyer treibt es lieber bunt. „Mein Schöpfungsprozess beginnt mit Chaos – und endet in Harmonie.“

Das geht, findet er, in Belgien am besten. „Wir haben die Präzision der Deutschen und die wilde Fantasie wie die Römer.“ Und offenbar eine Extraportion Mut. Die konnte der in Brügge Geborene gut brauchen, als er als frischgebackener Rechtsanwalt kurzentschlossen von einer Kanzlei in einen Antiquitätenladen wechselte. Oder später, als er sich als Autodidakt in die Designbranche wagte und sie schon bald mit immer gewagteren Interiors aufmischte, die Arts-and-Crafts-Motive mit Seventy-Vibes mixen, Tiger-Print-Wände mit Tiger-Print-Böden oder Klassik mit Space Age.

Bevor er 2023 eine eigene Textillinie lancierte, entwarf er einen Sonnen-Teppich für Codimat Collection, Wohnaccessoires für das schwedische Label Svenskt Tenn und Sitzmöbel für den belgischen Hersteller Collett & Victor. Gekonnt verwandelt er abgewohnte Möbel in hinreißende Eyecatcher. „Es macht Spaß, sie wieder begehrenswert zu machen.“

JP Demeyers Welt
Demeyer, links oben mit seinen Partnern Jean ­Paul Dewever und Frank Ver Elst, liebt es, abgewohnte Möbel wieder begehrenswert zu machen. Das umgestaltete Wohnzimmer eines Stadthauses im Arts ­and ­Crafts ­Sil, das rote Restaurant Bisous oder seine Kissen und Möbelkollektion beweisen, wie gut ihm das gelingt.

Bis vor vier Jahren lebte Jean-Philippe Demeyer mit seinen Geschäfts-und Lebenspartnern Frank Ver Elst und Jean-Paul Dewever in einem historischen Bauernhof bei Brügge, der gleichzeitig auch als Showroom und Ersatzteillager fungierte. Dann fand der Antiquitätenfundus in einer Lagerhalle im freien Feld eine neue Heimat – und die drei von der Designstelle übersiedelten in ein 2012 erbautes Haus in Knokke-Heist, Belgiens Hamptons. Hier sind Fenster, Couches und Kissen in Stoffe gekleidet, auf denen absurd vergrößerte Blumen oder giftgrüne Streifen prangen. Im Esszimmer steht ein Wandschirm, den ein argentinischer Kunsthandwerker mit pseudo-ägyptischen Hieroglyphen bemalt hat, im Wohnzimmer ein Kamin, der an einen rätselhaften Einrichtungsgegenstand auf einem Planeten in den unendlichen Weiten des Weltalls erinnert. Vor ihm gruppieren sich mehrere kanariengelb lackierte und vogelwild bezogene Empire-Revival-Sessel aus Mahagoniholz, die Demeyer dem Brügger Rathaus abgekauft hatte. In der Küche entfalten Chinoiserie-Elemente gemeinsam mit einem zerfurchten alten Metzgerblock hypnotische Wirkung. Und überall zwinkern Augen, egal, ob sie den Kopfteil eines Bettes oder juwelenbunte Kissen schmücken.

Mein kreatives Motto lautet: Von Chaos über Schöpfung zur Harmonie

Jean-Philippe Demeyer

Die Aufgaben im Team sind klarverteilt. Frank Ver Elst ist der Mann mit den genialen Ideen, Jean-Paul Dewever der Zahlenmensch und Jean-Philippe Demeyer der Regisseur. Als die drei 2021 mit dem Umbau des Hauses in Knokke-Heist begannen, war ihr Zweitwohnsitz in Portugal schon bezugsbereit. „Wir kamen 2011 nach Comporta und haben uns sofort verliebt. Der Atlantik dort ist besser als das Mittelmeer, und die Strände sind die schönsten Europas.“ 2020 bezogen sie ein Farmhaus in den Bergen, ein flacher, von 18 Hektar mit Olivenbäumen und Korkeichen umgebener Bau aus gestampftem Lehm. Mit einer weißen Fassade und einem verbleichten Ziegeldach fügt er sich diskret in die Landschaft ein. Im Innern beweisen kleine Schmuckkästchenräume, dass Demeyer auch sanfte Töne beherrscht.

„So etwas wie einen Signature Style finde ich ausgesprochen langweilig“, sagt er. „Ich habe keinen Stil, sondern eine Methode. Mein Storytelling basiert auf dem Genius loci.“ In Comporta beschert der Ortsgeist den Gästen entspannte Sommer-Attitüde. Im Wohnzimmer tragen Wolldecken, Böden und Wände die Farben des Alentejo, Blau, Gelb und Burgunderrot, in der Küche verhüllen sie als zusammengesetzte Patchwork-Husse den Stauraum unter einem Tisch. Die Schranktüren der drei Schlafzimmer sind mit der Art Schilf verkleidet, wie er sonst in Portugal zur Herstellung von Taschen verwendet wird. Spanische Fliesen überziehen die Wände von Küche und Bad mit horizontalen Streifen. Vor der Haustür plätschert ein Springbrunnen, auf der Sonnenterrasse lädt ein lang gezogener Pool zum Schwimmen ein. Vier- bis fünfmal pro Jahr ziehen sich die drei Belgier in ihr lichtes Refugium zurück, um Energie zu tanken und sich von ihren diversen Projekten zu erholen.

Da wäre „Gigi 6161“ in Gent, der wahrscheinlich bunteste Italiener Belgiens. Pièce de résistance ist eine Cocktaillounge, in der ein flächendeckender – Wände und Decken inbegriffen – Zitronenmuster-Teppich die Schwerkraft aufzuheben scheint. Das Amsterdamer Restaurant „Bisous“ formuliert mit kussroten Lippenlampen und flammenden Tulip Chairs eine Liebeserklärung an Paris. Dort entstand im 9. Arrondisse-ment in Zusammenarbeit mit dem Antwerpener Designer Vincent Van Duysen ein Club namens „Frou Frou“, dessen Tropical Style die Gäste von exotischen Inseln träumen lässt. „Frou Frou Lisboa“, von Demeyer allein entworfen, tritt entschieden exzentrischer auf. In ihm verschmelzen Anklänge an Abba und Pekings Verbotene Stadt zum Gesamtkunstwerk. Im Juni des letzten Jahres stellte JP Demeyer ein „Deli Restaurant“ und eine „Deli Suite“ in Comporta fertig. Beide Interieurs erinnern an ihr eigenes Haus, erzählen letztendlich jedoch ganz eigene Geschichten, ganz im Sinne eines inspirierenden Rückzugsorts. „Wenn ein Projekt abgeschlossen ist, vergesse ich es und konzentriere mich auf das jeweils Neueste. Das ist für mich die beste Art zu arbeiten.”

Demeyers Projekte

GIGI GENT. Hauptgerichte ab 22 Euro, 12–14:30 und 17:30–23:30 Uhr, Belfortstraat 24, T. +32.479.327271, gigi6161.be

BISOUS AMSTERDAM. Hauptgerichte ab 48 Euro, Mo.–Mi. 17:30–1, Do.–Sa. ab 12:30,Fr., Sa. bis 2 Uhr, Albert Cuypstraat 31, T. +31.6.24394831, bisous-official.com

FROU FROU LISBOA. Hauptgerichte ab 35 Euro, 12–16 und 18:30–0, Do.–Sa. bis 2 Uhr, Avenida da Liberdade 144, T. +351.21.0513015, jncquoi.com/en/restaurants/frou-frou/1748/

DELI COMPORTA. Hauptgerichte ab 35 Euro, 12–23 Uhr, Avenida 18 de Dezembro 15, T. +351.269.099990, jncquoi.com/en/restaurants/deli-comporta/1749/

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”Warum wollen alle immer über Farben reden?“, fragt sich Jean-Philippe Demeyer. Und gibt gleich die Antwort: „Die Welt ist Farbe. Die Natur ist Farbe. Warum also sollten Innenräume beige sein?“ Axel Vervoordt, der andere herausragende belgische Galerist und Innenarchitekt, würde vermutlich antworten: „Um Harmonie zu erlangen.“ Doch Jean-Philippe Demeyer treibt es lieber bunt. „Mein Schöpfungsprozess beginnt mit Chaos – und endet in Harmonie.“

Das geht, findet er, in Belgien am besten. „Wir haben die Präzision der Deutschen und die wilde Fantasie wie die Römer.“ Und offenbar eine Extraportion Mut. Die konnte der in Brügge Geborene gut brauchen, als er als frischgebackener Rechtsanwalt kurzentschlossen von einer Kanzlei in einen Antiquitätenladen wechselte. Oder später, als er sich als Autodidakt in die Designbranche wagte und sie schon bald mit immer gewagteren Interiors aufmischte, die Arts-and-Crafts-Motive mit Seventy-Vibes mixen, Tiger-Print-Wände mit Tiger-Print-Böden oder Klassik mit Space Age.

Bevor er 2023 eine eigene Textillinie lancierte, entwarf er einen Sonnen-Teppich für Codimat Collection, Wohnaccessoires für das schwedische Label Svenskt Tenn und Sitzmöbel für den belgischen Hersteller Collett & Victor. Gekonnt verwandelt er abgewohnte Möbel in hinreißende Eyecatcher. „Es macht Spaß, sie wieder begehrenswert zu machen.“

JP Demeyers Welt
Demeyer, links oben mit seinen Partnern Jean ­Paul Dewever und Frank Ver Elst, liebt es, abgewohnte Möbel wieder begehrenswert zu machen. Das umgestaltete Wohnzimmer eines Stadthauses im Arts ­and ­Crafts ­Sil, das rote Restaurant Bisous oder seine Kissen und Möbelkollektion beweisen, wie gut ihm das gelingt.

Bis vor vier Jahren lebte Jean-Philippe Demeyer mit seinen Geschäfts-und Lebenspartnern Frank Ver Elst und Jean-Paul Dewever in einem historischen Bauernhof bei Brügge, der gleichzeitig auch als Showroom und Ersatzteillager fungierte. Dann fand der Antiquitätenfundus in einer Lagerhalle im freien Feld eine neue Heimat – und die drei von der Designstelle übersiedelten in ein 2012 erbautes Haus in Knokke-Heist, Belgiens Hamptons. Hier sind Fenster, Couches und Kissen in Stoffe gekleidet, auf denen absurd vergrößerte Blumen oder giftgrüne Streifen prangen. Im Esszimmer steht ein Wandschirm, den ein argentinischer Kunsthandwerker mit pseudo-ägyptischen Hieroglyphen bemalt hat, im Wohnzimmer ein Kamin, der an einen rätselhaften Einrichtungsgegenstand auf einem Planeten in den unendlichen Weiten des Weltalls erinnert. Vor ihm gruppieren sich mehrere kanariengelb lackierte und vogelwild bezogene Empire-Revival-Sessel aus Mahagoniholz, die Demeyer dem Brügger Rathaus abgekauft hatte. In der Küche entfalten Chinoiserie-Elemente gemeinsam mit einem zerfurchten alten Metzgerblock hypnotische Wirkung. Und überall zwinkern Augen, egal, ob sie den Kopfteil eines Bettes oder juwelenbunte Kissen schmücken.

Mein kreatives Motto lautet: Von Chaos über Schöpfung zur Harmonie

Jean-Philippe Demeyer

Die Aufgaben im Team sind klarverteilt. Frank Ver Elst ist der Mann mit den genialen Ideen, Jean-Paul Dewever der Zahlenmensch und Jean-Philippe Demeyer der Regisseur. Als die drei 2021 mit dem Umbau des Hauses in Knokke-Heist begannen, war ihr Zweitwohnsitz in Portugal schon bezugsbereit. „Wir kamen 2011 nach Comporta und haben uns sofort verliebt. Der Atlantik dort ist besser als das Mittelmeer, und die Strände sind die schönsten Europas.“ 2020 bezogen sie ein Farmhaus in den Bergen, ein flacher, von 18 Hektar mit Olivenbäumen und Korkeichen umgebener Bau aus gestampftem Lehm. Mit einer weißen Fassade und einem verbleichten Ziegeldach fügt er sich diskret in die Landschaft ein. Im Innern beweisen kleine Schmuckkästchenräume, dass Demeyer auch sanfte Töne beherrscht.

„So etwas wie einen Signature Style finde ich ausgesprochen langweilig“, sagt er. „Ich habe keinen Stil, sondern eine Methode. Mein Storytelling basiert auf dem Genius loci.“ In Comporta beschert der Ortsgeist den Gästen entspannte Sommer-Attitüde. Im Wohnzimmer tragen Wolldecken, Böden und Wände die Farben des Alentejo, Blau, Gelb und Burgunderrot, in der Küche verhüllen sie als zusammengesetzte Patchwork-Husse den Stauraum unter einem Tisch. Die Schranktüren der drei Schlafzimmer sind mit der Art Schilf verkleidet, wie er sonst in Portugal zur Herstellung von Taschen verwendet wird. Spanische Fliesen überziehen die Wände von Küche und Bad mit horizontalen Streifen. Vor der Haustür plätschert ein Springbrunnen, auf der Sonnenterrasse lädt ein lang gezogener Pool zum Schwimmen ein. Vier- bis fünfmal pro Jahr ziehen sich die drei Belgier in ihr lichtes Refugium zurück, um Energie zu tanken und sich von ihren diversen Projekten zu erholen.

Da wäre „Gigi 6161“ in Gent, der wahrscheinlich bunteste Italiener Belgiens. Pièce de résistance ist eine Cocktaillounge, in der ein flächendeckender – Wände und Decken inbegriffen – Zitronenmuster-Teppich die Schwerkraft aufzuheben scheint. Das Amsterdamer Restaurant „Bisous“ formuliert mit kussroten Lippenlampen und flammenden Tulip Chairs eine Liebeserklärung an Paris. Dort entstand im 9. Arrondisse-ment in Zusammenarbeit mit dem Antwerpener Designer Vincent Van Duysen ein Club namens „Frou Frou“, dessen Tropical Style die Gäste von exotischen Inseln träumen lässt. „Frou Frou Lisboa“, von Demeyer allein entworfen, tritt entschieden exzentrischer auf. In ihm verschmelzen Anklänge an Abba und Pekings Verbotene Stadt zum Gesamtkunstwerk. Im Juni des letzten Jahres stellte JP Demeyer ein „Deli Restaurant“ und eine „Deli Suite“ in Comporta fertig. Beide Interieurs erinnern an ihr eigenes Haus, erzählen letztendlich jedoch ganz eigene Geschichten, ganz im Sinne eines inspirierenden Rückzugsorts. „Wenn ein Projekt abgeschlossen ist, vergesse ich es und konzentriere mich auf das jeweils Neueste. Das ist für mich die beste Art zu arbeiten.”

Demeyers Projekte

GIGI GENT. Hauptgerichte ab 22 Euro, 12–14:30 und 17:30–23:30 Uhr, Belfortstraat 24, T. +32.479.327271, gigi6161.be

BISOUS AMSTERDAM. Hauptgerichte ab 48 Euro, Mo.–Mi. 17:30–1, Do.–Sa. ab 12:30,Fr., Sa. bis 2 Uhr, Albert Cuypstraat 31, T. +31.6.24394831, bisous-official.com

FROU FROU LISBOA. Hauptgerichte ab 35 Euro, 12–16 und 18:30–0, Do.–Sa. bis 2 Uhr, Avenida da Liberdade 144, T. +351.21.0513015, jncquoi.com/en/restaurants/frou-frou/1748/

DELI COMPORTA. Hauptgerichte ab 35 Euro, 12–23 Uhr, Avenida 18 de Dezembro 15, T. +351.269.099990, jncquoi.com/en/restaurants/deli-comporta/1749/

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