Mann sitzt auf Stuhl
© Ethelborsoi, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons
Mann sitzt auf Stuhl
© Ethelborsoi, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons
Text Patricia Engelhorn
© Younes Klouche/A.R.I.
"The Most beautiful office in the World" so nannte das Magazin „Wallpaper” (das schon einiges gesehen hat) das Headquarter von Ramdanes Kreativagentur ARI (Art Recherche Industrie) in einem ehemaligen Veranstaltungspalast aus der Belle Époque Zeit

Die Tür fliegt auf, Ramdane Touhami rauscht hinein. Sein Versuch, die Lederjacke abzustreifen, ohne sein Telefonat zu unterbrechen, misslingt. Das Handy schlittert über den Parkettboden bis ans Holzbein des Bürotischs seiner Frau. Es folgen ein paar französische Schimpfworte und ein „pardon“, dann ist er durch eine andere Tür verschwunden. „C’était mon mari“, erklärt Victoire de Taillac. Und während man sich gerade von diesem Wirbelwind erholt und den Gesprächsfaden wieder aufnehmen möchte, kommt er zurück, jetzt im Wintermantel, eine prall gefüllte Reisetasche in der Hand. „Ich muss los“, ruft er seiner Frau zu. „Wohin?“, ruft sie ihm nach. „Nach Berlin.“ Victoire de Taillac schüttelt leicht konsterniert die dunklen Locken. Dann lacht sie unbekümmert: „So ist er halt. Man weiß nie, was Ramdane als Nächstes macht.“

© Mark C. O'Flaherty/Camera Press/ddp images
Victoire de Taillac und Ramdane Touhami in ihrer Officine Universelle Buly

Was man weiß: Ramdane Touhami stammt aus einer frankomarokkanischen Bauernfamilie und ist in einem Dorf unweit vom südfranzösischen Montauban aufgewachsen. Noch im Schulalter macht er erste Geschäfte: Er erfindet eine T-Shirt-Marke, die sich gut verkauft. Dann gerät er auf die schiefe Bahn, verliert sein kleines Vermögen, lebt eine Zeit lang auf den Straßen von Paris. Vermutlich retten ihn seine Resilienz und sein unverwüstlicher Optimismus. Die Stadt des Lichts bietet offenbar sowohl seinem kreativen Schaffen als auch seinem Privatleben einen fruchtbaren Boden. Er gründet eine Skateboard-Marke und verkauft sie wieder, tritt als Moderator einer TV-Talkshow auf, leitet die Herrenabteilung des grandiosen Londoner Kaufhauses Liberty und eröffnet den Concept Store L’Épicerie, bis zu seinem Konkurs der coolste Trendladen von Paris.

© Jan Abellan/Hotel Drei Berge
© Younes Klouche/Hotel Drei Berge
In seinem Drei Berge Hotel „konnte ich alles auf meine Art machen”. Und trieb es bunt bis ins Stiegenhaus

Zwischen den diversen Jobs heiratet er die Aristokratin Victoirede Taillac, damals PR-Managerin im Kult-Laden Colette und eine Französin wie aus dem Bilderbuch: gebildet, wohlerzogen, ungeschminkt, schön. Sie hält sich im Hintergrund, ist aber für jedes Abenteuer zu haben. Erst kürzlich ist das Paar mit seinen drei Kindern in ein vierstöckiges, um 1870 errichtetes Herrenhaus im trendigen 9. Arrondissement gezogen, das im vergangenen Jahrhundert erst als Bordell, dann als Atelier eines Art-déco-Designers genutzt wurde. Die Lifestyle-Branche feiert Ramdane Touhami als kreativen Tausendsassa. Wo auch immer er aufmischt – bei Christofle, Moynat, Birkenstock oder Gucci –, wird in Superlativen darüber berichtet. Er scheffelt internationale Preise und schafft es mehrfach, vergessene Traditionshäuser zurück auf die Bildfläche zu holen, und zwar in einem Affentempo: „Nachdenken ist Zeitverschwendung. Ich mache lieber.“

© Ramdane Touhami
Das Wohnzimmer des Designers in Paris zieren Möbelentwürfe von ihm und ein angeblicher Tizian

So nimmt er sich eine 1803 von Monsieur Jean-Vincent Bully gegründete Kosmetikmarke vor, dessen auf Essig basierendes Duftwassererst ein Klassiker der Schönheitspflege wurde und dannin der Versenkung verschwand. 2014 eröffnen Victoire de Taillac und Ramdane Touhami die Officine Universelle Buly (jetzt mit nur einem „l“) in der Rue Bonaparte in Paris und treffen mit ihren ungewöhnlichen, qualitativ hochwertigen und nach dem neuesten Stand der Wissenschaft hergestellten Produkten ins Schwarze. Inzwischen gibt es zwischen Mailand und Manila knapp 40 Buly-Läden, davon allein vier in Paris. Jeder ist anders, doch sie teilen eine Inszenierung, die zwischen antiker Apotheke, elegantem Café und Opernbühne schwankt. Jedes der mehr als 800 Produkte trägt Ramdane Touhamis Handschrift, vom Duft über den Flakon bis zum Etikett, das im Laden von einem Kalligrafen mit dem Kundennamen personalisiert werden kann. Die Seifen, Parfums, Spiegel, Tiegel und Kämme liegen in schimmernden alten Holzvitrinen und auf Marmortheken, im Hintergrund läuft meist eine Arie. 2021 wird Officine Universelle Buly 1803 an den Luxuskonzern LVMH verkauft. „Ramdane war nur noch mit der Geschäftsführung und Finanzen beschäftigt. Das frustrierte ihn“, erklärt Vitoire de Taillac, die bis heute die Image- und Kommunikationsabteilung des Brands leitet. „Seit dem Verkauf kann er sich neuen Projekten widmen und ist wieder glücklich.“ Über die Verkaufssumme wird geschwiegen, nur so viel:„Ich habe genug für fünf Generationen“, sagt Ramdane Touhami, der sich umgehend ins nächste Abenteuer stürzt.

© Younes Klouche/A.R.I.
Am Schreibtisch in seiner Kreativagentur ARI (Art Recherche Industrie)

Das neue Headquarter seiner Kreativagentur ARI (Art Recherche Industrie) bespielt einen 650 Quadratmeter großen ehemaligen Veranstaltungs-Palast aus der Belle-Époque-Zeit. Versierte Kunsthandwerker haben ihn mit hohen Intarsienschränken, vergoldeten Tafeln, Buntglas und viel falschem Marmor in „the most beautiful office in the world“ („Wallpaper Magazine“) verwandelt. Der ehemalige Ballsaal wurde zu einem Großraumbüro mit einem riesigen rechteckigen Gemeinschaftstisch sowie einer maßgeschneiderten Glasvitrine. Eine farbenfrohe Treppe führt zu einem Zwischengeschoss, dessen USM-Modulmöbel einen reizvollen Kontrast zum Alte-Welt-Charme der historischen Umgebung bilden, im Keller befindet sich ein mandarinen farbener Tennisplatz. Ist hier die Idee zum Drei Berge Hotel in Mürren entstanden, einem idyllischen 430-Seelen-Flecken im Berner Oberland, das nur per edes, Pendel- oder Luftseilbahn zu erreichen ist und eine einzigartige Aussicht auf Eiger, Mönch und Jungfrau bietet? „Nein“, sagt Ramdane Touhami, „das habe ich zufällig beim Wandern entdeckt.“ Das beschauliche Skidorf, von dessen ehemaligem Glamour nur das Drehrestaurant „Piz Gloria“ und der Mythos um das sagenumwobene Filmversteck von Bond-Erzfeind Ernst Stavro Blofeld geblieben sind, feiert dank des neuen Drei Berge Hotels ein erstaunliches Comeback.

„All dies ist aus purer Neugierde und Spass an der Freude entstanden.“

Ramdane Touhami

Ramdane Touhami hat das 1907 eröffnete Hotel Ende 2022 gekauft, keine sechs Monate später checkten die ersten Gäste ein. Die tannengrüne Fassade wurde mit rot-weiß gestreiften Fensterläden geschmückt, in den Innenräumen bilden traditionelles Kiefernholz und Teppiche mit knallbunten Zickzack-Mustern einen reizvollen Kontrast. „Dies ist der einzige Ort, an dem ich mich selbst von A bis Z ausdrücken kann“, sagt der frischgebackene Hotelier. Sein unkonventioneller Stil prägt jedes Detail, vom Design des Geschirrs über den skifahrenden Bären auf den Take away-Kaffeebecher-Haltern bis zu den Möbeln und den Badezimmerprodukten. In den 19 Zimmern regiert eine coole, schräge Ästhetik: Aufgehübschte Campingstühle stehen neben Midcentury-Tischen, die Betten sind mit superweichen Laken aus einer speziellen Baumwolle-Holz-Mischung bezogen. In den zwei Restaurants zelebriert Touhamis langjähriger Privatkoch Ryutaro Kobayashi eine asiatische italo-Schweizer Küche. „Es kümmert mich nicht“, behauptet Touhami, „wenn manche davon Millionen verlieren, denn mit anderen werden wir Milliarden verdienen.“

Sein jüngstes Abenteuer ist der nach dem Kult-Album des Jazzmusikers Donald Byrd benannte Laden Words, Sounds, Colors & Shapes in den lichtdurchfluteten Räumen eines eleganten Stadtpalais an der Pariser Rue Perrée. Er vereint Dinge, die den Leidenschaften und Hobbys seines Besitzers entsprechen – etwa die Produkte der Société Parisienne des Impressions Typographiques, der ältesten Druckerei Europas, die seltene historische Techniken beherrscht und die wohl schönsten Visitenkarten der Welt herstellt. Man findet nach den höchsten Standards in Hinblick auf Materialien, Handwerk und Nachhaltigkeit produzierte Socken, Shirts, Jacken, Hosen, Hüte und Schuhe sowie die coolen Outdoor-Klamotten, die Ramdane Touhami als junger Mann in seiner ersten Boutique „A Young Hiker“ schon einmal zum Verkauf angeboten hatte. Kunden können am Tresen des „Café Utopia Drei Berge“ feinste Patisserie und Getränke bestellen, im Radical Media Archive Neuauflagen von unauffindbaren Büchern, Postern und Magazinen aus den goldenen Jahren der Gegenkultur durchstöbern und in der Galerie Permanent Files Fotografien, Videos und Installationen von etablierten und aufstrebenden Künstlern bewundern. War’s das? Wohl kaum. „Ich bin Ramdane“, sagt der Lebenskünstler. Offenbar ist das in seinen Augen eine Berufsbezeichnung wie Abteilungsleiter, Arzt oder Architekt. Allerdings gibt es nur einen einzigen Menschen, der weiß, wie man den Job erledigt: er. Erlernen kann man das nicht, kopieren erst recht nicht. Dazu ist Ramdane Touhami zu unvorhersehbar, zu unerschrocken und viel zu schnell.

 

© Younes Klouche/A.R.I.
"The Most beautiful office in the World" so nannte das Magazin „Wallpaper” (das schon einiges gesehen hat) das Headquarter von Ramdanes Kreativagentur ARI (Art Recherche Industrie) in einem ehemaligen Veranstaltungspalast aus der Belle Époque Zeit

Die Tür fliegt auf, Ramdane Touhami rauscht hinein. Sein Versuch, die Lederjacke abzustreifen, ohne sein Telefonat zu unterbrechen, misslingt. Das Handy schlittert über den Parkettboden bis ans Holzbein des Bürotischs seiner Frau. Es folgen ein paar französische Schimpfworte und ein „pardon“, dann ist er durch eine andere Tür verschwunden. „C’était mon mari“, erklärt Victoire de Taillac. Und während man sich gerade von diesem Wirbelwind erholt und den Gesprächsfaden wieder aufnehmen möchte, kommt er zurück, jetzt im Wintermantel, eine prall gefüllte Reisetasche in der Hand. „Ich muss los“, ruft er seiner Frau zu. „Wohin?“, ruft sie ihm nach. „Nach Berlin.“ Victoire de Taillac schüttelt leicht konsterniert die dunklen Locken. Dann lacht sie unbekümmert: „So ist er halt. Man weiß nie, was Ramdane als Nächstes macht.“

© Mark C. O'Flaherty/Camera Press/ddp images
Victoire de Taillac und Ramdane Touhami in ihrer Officine Universelle Buly

Was man weiß: Ramdane Touhami stammt aus einer frankomarokkanischen Bauernfamilie und ist in einem Dorf unweit vom südfranzösischen Montauban aufgewachsen. Noch im Schulalter macht er erste Geschäfte: Er erfindet eine T-Shirt-Marke, die sich gut verkauft. Dann gerät er auf die schiefe Bahn, verliert sein kleines Vermögen, lebt eine Zeit lang auf den Straßen von Paris. Vermutlich retten ihn seine Resilienz und sein unverwüstlicher Optimismus. Die Stadt des Lichts bietet offenbar sowohl seinem kreativen Schaffen als auch seinem Privatleben einen fruchtbaren Boden. Er gründet eine Skateboard-Marke und verkauft sie wieder, tritt als Moderator einer TV-Talkshow auf, leitet die Herrenabteilung des grandiosen Londoner Kaufhauses Liberty und eröffnet den Concept Store L’Épicerie, bis zu seinem Konkurs der coolste Trendladen von Paris.

© Jan Abellan/Hotel Drei Berge
© Younes Klouche/Hotel Drei Berge
In seinem Drei Berge Hotel „konnte ich alles auf meine Art machen”. Und trieb es bunt bis ins Stiegenhaus

Zwischen den diversen Jobs heiratet er die Aristokratin Victoirede Taillac, damals PR-Managerin im Kult-Laden Colette und eine Französin wie aus dem Bilderbuch: gebildet, wohlerzogen, ungeschminkt, schön. Sie hält sich im Hintergrund, ist aber für jedes Abenteuer zu haben. Erst kürzlich ist das Paar mit seinen drei Kindern in ein vierstöckiges, um 1870 errichtetes Herrenhaus im trendigen 9. Arrondissement gezogen, das im vergangenen Jahrhundert erst als Bordell, dann als Atelier eines Art-déco-Designers genutzt wurde. Die Lifestyle-Branche feiert Ramdane Touhami als kreativen Tausendsassa. Wo auch immer er aufmischt – bei Christofle, Moynat, Birkenstock oder Gucci –, wird in Superlativen darüber berichtet. Er scheffelt internationale Preise und schafft es mehrfach, vergessene Traditionshäuser zurück auf die Bildfläche zu holen, und zwar in einem Affentempo: „Nachdenken ist Zeitverschwendung. Ich mache lieber.“

© Ramdane Touhami
Das Wohnzimmer des Designers in Paris zieren Möbelentwürfe von ihm und ein angeblicher Tizian

So nimmt er sich eine 1803 von Monsieur Jean-Vincent Bully gegründete Kosmetikmarke vor, dessen auf Essig basierendes Duftwassererst ein Klassiker der Schönheitspflege wurde und dannin der Versenkung verschwand. 2014 eröffnen Victoire de Taillac und Ramdane Touhami die Officine Universelle Buly (jetzt mit nur einem „l“) in der Rue Bonaparte in Paris und treffen mit ihren ungewöhnlichen, qualitativ hochwertigen und nach dem neuesten Stand der Wissenschaft hergestellten Produkten ins Schwarze. Inzwischen gibt es zwischen Mailand und Manila knapp 40 Buly-Läden, davon allein vier in Paris. Jeder ist anders, doch sie teilen eine Inszenierung, die zwischen antiker Apotheke, elegantem Café und Opernbühne schwankt. Jedes der mehr als 800 Produkte trägt Ramdane Touhamis Handschrift, vom Duft über den Flakon bis zum Etikett, das im Laden von einem Kalligrafen mit dem Kundennamen personalisiert werden kann. Die Seifen, Parfums, Spiegel, Tiegel und Kämme liegen in schimmernden alten Holzvitrinen und auf Marmortheken, im Hintergrund läuft meist eine Arie. 2021 wird Officine Universelle Buly 1803 an den Luxuskonzern LVMH verkauft. „Ramdane war nur noch mit der Geschäftsführung und Finanzen beschäftigt. Das frustrierte ihn“, erklärt Vitoire de Taillac, die bis heute die Image- und Kommunikationsabteilung des Brands leitet. „Seit dem Verkauf kann er sich neuen Projekten widmen und ist wieder glücklich.“ Über die Verkaufssumme wird geschwiegen, nur so viel:„Ich habe genug für fünf Generationen“, sagt Ramdane Touhami, der sich umgehend ins nächste Abenteuer stürzt.

© Younes Klouche/A.R.I.
Am Schreibtisch in seiner Kreativagentur ARI (Art Recherche Industrie)

Das neue Headquarter seiner Kreativagentur ARI (Art Recherche Industrie) bespielt einen 650 Quadratmeter großen ehemaligen Veranstaltungs-Palast aus der Belle-Époque-Zeit. Versierte Kunsthandwerker haben ihn mit hohen Intarsienschränken, vergoldeten Tafeln, Buntglas und viel falschem Marmor in „the most beautiful office in the world“ („Wallpaper Magazine“) verwandelt. Der ehemalige Ballsaal wurde zu einem Großraumbüro mit einem riesigen rechteckigen Gemeinschaftstisch sowie einer maßgeschneiderten Glasvitrine. Eine farbenfrohe Treppe führt zu einem Zwischengeschoss, dessen USM-Modulmöbel einen reizvollen Kontrast zum Alte-Welt-Charme der historischen Umgebung bilden, im Keller befindet sich ein mandarinen farbener Tennisplatz. Ist hier die Idee zum Drei Berge Hotel in Mürren entstanden, einem idyllischen 430-Seelen-Flecken im Berner Oberland, das nur per edes, Pendel- oder Luftseilbahn zu erreichen ist und eine einzigartige Aussicht auf Eiger, Mönch und Jungfrau bietet? „Nein“, sagt Ramdane Touhami, „das habe ich zufällig beim Wandern entdeckt.“ Das beschauliche Skidorf, von dessen ehemaligem Glamour nur das Drehrestaurant „Piz Gloria“ und der Mythos um das sagenumwobene Filmversteck von Bond-Erzfeind Ernst Stavro Blofeld geblieben sind, feiert dank des neuen Drei Berge Hotels ein erstaunliches Comeback.

„All dies ist aus purer Neugierde und Spass an der Freude entstanden.“

Ramdane Touhami

Ramdane Touhami hat das 1907 eröffnete Hotel Ende 2022 gekauft, keine sechs Monate später checkten die ersten Gäste ein. Die tannengrüne Fassade wurde mit rot-weiß gestreiften Fensterläden geschmückt, in den Innenräumen bilden traditionelles Kiefernholz und Teppiche mit knallbunten Zickzack-Mustern einen reizvollen Kontrast. „Dies ist der einzige Ort, an dem ich mich selbst von A bis Z ausdrücken kann“, sagt der frischgebackene Hotelier. Sein unkonventioneller Stil prägt jedes Detail, vom Design des Geschirrs über den skifahrenden Bären auf den Take away-Kaffeebecher-Haltern bis zu den Möbeln und den Badezimmerprodukten. In den 19 Zimmern regiert eine coole, schräge Ästhetik: Aufgehübschte Campingstühle stehen neben Midcentury-Tischen, die Betten sind mit superweichen Laken aus einer speziellen Baumwolle-Holz-Mischung bezogen. In den zwei Restaurants zelebriert Touhamis langjähriger Privatkoch Ryutaro Kobayashi eine asiatische italo-Schweizer Küche. „Es kümmert mich nicht“, behauptet Touhami, „wenn manche davon Millionen verlieren, denn mit anderen werden wir Milliarden verdienen.“

Sein jüngstes Abenteuer ist der nach dem Kult-Album des Jazzmusikers Donald Byrd benannte Laden Words, Sounds, Colors & Shapes in den lichtdurchfluteten Räumen eines eleganten Stadtpalais an der Pariser Rue Perrée. Er vereint Dinge, die den Leidenschaften und Hobbys seines Besitzers entsprechen – etwa die Produkte der Société Parisienne des Impressions Typographiques, der ältesten Druckerei Europas, die seltene historische Techniken beherrscht und die wohl schönsten Visitenkarten der Welt herstellt. Man findet nach den höchsten Standards in Hinblick auf Materialien, Handwerk und Nachhaltigkeit produzierte Socken, Shirts, Jacken, Hosen, Hüte und Schuhe sowie die coolen Outdoor-Klamotten, die Ramdane Touhami als junger Mann in seiner ersten Boutique „A Young Hiker“ schon einmal zum Verkauf angeboten hatte. Kunden können am Tresen des „Café Utopia Drei Berge“ feinste Patisserie und Getränke bestellen, im Radical Media Archive Neuauflagen von unauffindbaren Büchern, Postern und Magazinen aus den goldenen Jahren der Gegenkultur durchstöbern und in der Galerie Permanent Files Fotografien, Videos und Installationen von etablierten und aufstrebenden Künstlern bewundern. War’s das? Wohl kaum. „Ich bin Ramdane“, sagt der Lebenskünstler. Offenbar ist das in seinen Augen eine Berufsbezeichnung wie Abteilungsleiter, Arzt oder Architekt. Allerdings gibt es nur einen einzigen Menschen, der weiß, wie man den Job erledigt: er. Erlernen kann man das nicht, kopieren erst recht nicht. Dazu ist Ramdane Touhami zu unvorhersehbar, zu unerschrocken und viel zu schnell.