Style

Gipsy Spirit

Sie wuchs „fast wie eine Nomadin“ auf, ihre Boutiquen stehen auf Sylt oder Long Island, in München, Marbella, Palm Beach oder am Tegernsee. Wer das Reisen liebt und exquisiten Schmuck, aber bitte cool und casual, findet in Tamara Comolli eine Seelenverwandte

Text: Matthias Förster

Seit 30 Jahren begeistert Tamara Comolli Frauen jeden Alters mit ihren farbenfrohen Kreationen

Am Anfang war das Meer. „Diese Weite, der Geruch, das Gefühl von Freiheit und Leichtigkeit“ zogen Tamara Comolli von klein auf magisch an, „und dazu die Schätze, die man an seinen Ufern findet“. Eine erstaunliche Passion für ein Münchner Kindl. Aber wer in eine reiselustige Familie hineingeboren wird, hat es oft nicht weit zum Strand: „Als Kind wuchs ich wegen des Berufs meines Vaters fast wie ein Nomade auf. Wir zogen von Land zu Land, dieser Gypsy-Spirit mit seiner Freiheitsliebe ist mir bis heute geblieben.“ Und die Neugier dazu, die sie zur Strandgutsammlerin machte: Keine Muschel und kein Stein waren vor ihr sicher. „Und dann gab es noch diese besonderen Funde, die wie Edelsteine funkelten, aber leider nur Glasscherben waren.“ Wer nicht findet, erfindet. Aber um aus einer Schatzsucherin eine Schmuckdesignerin zu machen, bedurfte es noch einer weiteren Erfahrungswelt.
Das waren die glamourösen Kasinos, die ihr Vater leitete und durch die sie streifen durfte. Das Lichtermeer genoss sie sehr, im Gegensatz zu den aufgetakelten Damen, angetan mit mondänem Geschmeide und großen Klunkern: Die Schätze, die dem Beach Girl vorschwebten, sahen definitiv anders aus. Dann kam die Eingebung: Preziosen nach eigenem Gusto zu entwerfen, die das Understatement zur höchsten Schmuckmacherkunst erheben. Mit 17 schuf Tamara Comolli ihr erstes „Understatement-Statement“: ein Armband mit bunten Steinen, die man hin- und herschieben konnte. Den letzten Kick zur Berufswahl gab dann eine Frau, die sie – wo sonst? – bei einem Strandspaziergang auf eine Eigenkreation ansprach: Wie wundervoll es sei, und wo man das kaufen könne? Damals noch nirgends; die Dame bekam das Stück geschenkt. Aber es war die letzte und entscheidende Inspiration für die junge Münchnerin; kurz darauf gründete Comolli ihre Fine Jewelry Collection.


Die erste Boutique eröffnete Comolli 1992 in Southampton auf Long Island, der Ferieninsel der New Yorker; es folgte ihr Flagship-Store in Rottach-Egern. Am Tegernsee ist auch der Standort ihres Ateliers, wo alle ihre Schmuckstücke designt und nur die schönsten Steine für ihre Kreationen ausgewählt werden. Ob in der eigenen Goldschmiede, in Italien oder den besten Werkstätten anderswo, die Meisterin mit ihrem Dream-Team verarbeitet edelste Steine aus aller Welt mit großer Expertise und Liebe zu traumschönen Kunstwerken – zur Freude ihrer Kundinnen. „Unsere Zielgruppe sind Frauen, die Dresscodes überholt finden, die Luxus lieben, ihn aber nicht zur Schau tragen wollen“, verkündet die Schmuckdesignerin. Deshalb drängen sich Comollis Kreationen nie auf. Stattdessen umschmeicheln etwa ihre langen Colliers die Individualität der Trägerin. „Sie sorgen für tolle Silhouetten!“, schwärmt sie. Und machten Schule in der Branche, wie auch ihre aufeinander steckbaren Ringe und die Liebe zu avantgardistischen Stylings. „Ich liebe es, zweikarätige Diamantanhänger am Lederband zu tragen oder unser ,Mikado‘-Collier am Model als Gürtel zu stylen. Auch Diamanten sollten jeden Tag Freude bereiten, denn im Sonnenlicht funkeln sie am schönsten.“
Ein Credo von Tamara Comolli lautet, dass Schmuck Spaß machen und keineswegs nur besonderen Anlässen vorbehalten sein sollte. Ein anderes, dass man sein Leben von Experimentierfreude bestimmen lassen möge statt von Konventionen. Als sie ihren Siegeszug vom Nobody zum Global Player begann, war in den Auslagen der Juweliere meist nur uniformer Markenschmuck zu fi nden. Das hat sich gewandelt, wofür speziell ihr Name steht: als Inbegriff für lässigen, spielerischen und filigranen femininen Chic. Als „Boho Glam“ und „High-End-Hippie“ feierte man ihre kreative Handschrift – sie selbst umschreibt sie als „Effortless Luxury“.

Schon als Kind sammelt Tamara Comolli vom Wasser glatt geschliffene Glassteine. Später verwendet sie seltene Farbedelsteine, die sie zu Presiosen, wie etwa dem „Candy“ Armband verarbeitet


Und der kommt wie naturgemäß stets voller Leichtigkeit daher, getragen von „Color Stories“ genannten Farbkombinationen und fantasievollen Materialmixen: erlesene Edelsteine mit Holz oder Perlmutt, präsentiert in Kollektionen wie „Mikado“, „Bouton“, „India“ oder „Signature“. Und „Gypsy“ nicht zu vergessen, ihre jüngst gelaunchte Linie mit Creolen, Anhängern und Armspangen. Letztere lassen sich durch die außergewöhnlich positionierten Edelsteine beliebig miteinander kombinieren und fließen bei jeder Bewegung perfekt ineinander: heute so und morgen anders, tagsüber frech und abends raffiniert – aber stets als unverwechselbarer Look. Aussagen wie diese brachten ihr den Vergleich „Jil Sander der Haute Joaillerie“ ein – der sich allerdings nicht auf Comollis Farbenfreude anwenden lässt: Bange vor bunt war ihr nie, „deshalb liebe ich Saphire so sehr: Die gibt es in Grün, Gelb, Lila, Pink und Orange!“. Und was ist mit Blau und Türkis, den Farben ihres geliebten Meeres? Die kommen auch nicht zu kurz, und ob Blau oder nicht: Stets erweckt ihr Schmuck ein erinnerungsschwangeres Ferien-Feeling, wie man es nur am Meer erlebt. Dazu braucht es nicht einmal den Wassertropfen, Comollis Markensymbol, den sie gern an Armbändern als Extra baumeln lässt. tamara Comolli und das Meer – zu dem Thema ließe sich noch viel mehr sagen. Vor allem, dass sie eine enge Partnerschaft mit der Non-Profi t-Organisation „Oceana“ eingegangen ist, die sich aktiv für den Schutz der Weltmeere, ihrer natürlichen Lebensräume und Ressourcen, einsetzt. Aber auch, dass sie besonders gern in Portugal in die Fluten springt. Dafür hat sie nun mehr Zeit. Denn Ende Mai hat Tamara Comolli nach 29 Jahren die Leitung ihres Lebenswerks in vertrauensvolle Hände übergeben. Aber ihr unverwechselbarer Spirit bleibt, und sie wird die Marke als Gründerin und Seele immer begleiten.

tamaracomolli.com