Liebesgrüße aus Liberec

Mitten im Kalten Krieg entstand auf einer tschechischen Bergspitze ein Architektur- und Designjuwel.

Text: Joana Laimer

D as Hotel darin hat Museumsqualität dass im Hotel und Restaurant am Gipfel des tschechischen Jested noch nie James Bond gastierte, muss an der zur Entstehungszeit etwas divergenten politischen Gesinnung liegen. Denn bei dem als Raketenspitze getarnten Refugium, das über eine Seilbahn erreichbar ist, und dem damals futuristischen Interieur aus dem Lehrbuch der 1970er-Jahre hätte das eigentlich nahegelegen.

Andererseits: Agentenruhm hat der Fernsehturm mit Schlafplatz nahe der Stadt Liberec in Nordböhmen nicht nötig. Ein klassischer Fernsehturm ist er streng genommen nicht, denn es fehlt der charakteristische Schaft, auf dem die Sendestationen typischerweise fußen. Ab Mitte des 20. Jahrhunderts schossen sie weltweit in den Himmel, mit in den sogenannten Turmkörben integrierten öffentlichen Aussichtsplattformen und Gastronomiebetrieben, um die Akzeptanz für diese Extrembauten zu steigern.

Am Jested aber sorgt der Berg selbst für die erhabene Position. Aussichtsreicher könnten die Räume mit Blick vom Iser- zum Jeschkengebirge im Dreiländereck von Tschechien, Deutschland und Polen kaum sein.

Nachdem an dieser Stelle 1963 ein schmuckes Berghotel abgebrannt war, wurde ein Wettbewerb für zwei Gebäude mit getrennter Sender- und Herbergsfunktion ausgelobt. Der in Prag geborene Architekt Karel Hubácek fasste beide Nutzungen in einem Bauwerk zusammen und schuf die 94 Meter hohe, künstliche Bergspitze gemeinsam mit seinem Statiker Zdenek Patrman.

Die charakteristische Hyperboloidkonstruktion mit abnehmender Krümmung ist durch extreme Windverhältnisse in dieser exponierten Lage bedingt. So musste die komplexe Struktur sogar nachträglich um ein 800 Kilo schweres Gewicht ergänzt werden, das Gebäudeschwankungen ausgleicht. Ähnlich spektakulär wie die hochrangig prämierte Architektur ist das von Otakar Binar maßgeschneiderte Innenleben.

Czech it out

Die kunstvoll ergänzte Bergsilhouette ist längst Wahrzeichen der Region. Das Innere gleicht – mit Mustertapeten, abgerundeten Fensterecken, tropfenförmigen Leuchten, einer glasgefassten Bogentreppe und abgehängten Sitzeiern – einem bewohnbaren Designmuseum.
Teile der in die Jahre gekommenen Ausstattung wurden inzwischen nach Originalentwürfen nachgebaut.

Eigens für das Hotel entwarf er futuristische Möbel und Leuchten. Passendes Geschirr und Wohnaccessoires stammen vom Designer Karel Wünsch. Vielleicht schwelgt 007 doch mal hier in Erinnerungen?
Sag niemals nie.
Ab 90 Euro,