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In Gottes Rahmen

Das ehemalige Kloster vor der kroatischen Küste bietet nur fünf Suiten. Dafür hat Lopud 1483 eine prominente Besitzerin, jede Menge Kunst und eine anbetungswürdige Sicht aufs Meer

Text: Charlotte Mann

Francesca Thyssen-Bornemisza, links mit ihrer jüngsten Tochter Gloria, hat aus einem alten Kloster einen Zufluchtsort für Kunstsinnige gemacht

Es ist ein sonniger Frühjahrsmorgen. Francesca Thyssen-Bornemisza und Mario Pio besteigen in Dubrovnik ein Fischerboot. Es bringt sie zur Insel Lopud. Das Duo könnte kaum gegensätzlicher sein: Er, ein franziskanischer Ordensbruder, sie, die Jetsetterin, Kunstmäzenin und Liebling der bunten Klatschmagazine. Doch ihr kleiner Ausflug vor 20 Jahren hat Konsequenzen: Seit letztem Sommer bietet Lopud die wohl exklusivste, extravaganteste und teuerste Übernachtungsmöglichkeit Kroatiens. Und eine Sammlung von rund 40 wertvollen Kunstwerken, die der Insel einen sicheren Platz auf der globalen Kunst-Weltkarte bescheren.

Der Mini-Archipel der Elaphiten breitet sich nur wenige Kilometer von Dubrovnik entfernt vor der süddalmatinischen Küste in der Adria aus. Nur drei seiner 13 Inseln sind dauerhaft bewohnt, auf Lopud etwa leben knapp 200 Menschen. Touristisch gesehen ist hier kaum etwas los, obwohl gerade Lopud früher als beliebte Sommerfrische für Dubrovniks wohlhabenden Adel galt. Heute verirren sich bestenfalls gut informierte Segler hierher – der schöne Sandstrand, das idyllische Hafendorf und die dicht begrünten Wanderwege sind selbst im Hochsommer friedlich und ruhig.

Die Terrasse des Hotels bietet anbetungswürdige Blicke auf das Meer. Die Sonnenliegen und Cabanas hat Interior-Designerin Paola Lenti entworfen

Spaziergänger, die die kleine Insel erkunden, könnten aber ganz zufällig auf große Kunst stoßen. Zum Beispiel auf „Your Black Horizon“, eine tunnelartige Holzkonstruktion, die zwischen Zypressen und Olivenbäumen auf einer zum Wasser hin abfallenden Wiese am Rande des einzigen Inseldorfs steht. Sie entstand aus der Zusammenarbeit des dänisch-isländischen Künstlers Olafur Eliasson mit dem ghanaisch-britischen Architekten David Adjaye und wurde 2005 auf der Biennale in Venedig gezeigt.

Dass Francesca Thyssen-Bornemisza Lopud entdeckte, verdankt sie einem glücklichen Zufall. Die Tochter des 2002 verstorbenen Milliardärs und Kunstsammlers Hans Heinrich Thyssen-Bornemisza und Ex-Ehefrau des österreichischen Kaiserenkels Karl von Habsburg-Lothringen kam 1992 ins von Bomben zerstörte Dubrovnik, um bei der Rettung beschädigter Renaissance-Schätze zu helfen. Die Baroness wohnte in dieser Zeit in einem Franziskanerkloster und freundete sich dort mit Pater Mario Pio an: „Er erzählte mir von der Klosterruine auf Lopud. Ich wollte sie unbedingt sehen.“ Es war wohl Liebe auf den ersten Blick.

Phönix aus der Asche

Das 1483 errichtete Kloster – daher der Name der neu eröffneten Anlage – und die dazugehörige Festung standen fast 200 Jahre leer, ein Großteil der Dächer fehlte, viele Wände waren eingefallen. Und dennoch: „Ich möchte nicht wie ein alternder Hippie klingen“, sagt Francesca Thyssen-Bornemisza, „aber trotz der Schäden gingen von der Ruine eine außergewöhnliche Ruhe und eine kraftvolle Energie aus.“ Ihr ist klar, dass sie die Anlage retten muss. Sie überredet den Star-Architekten Frank Gehry zu einer Besichtigung, doch der winkt ab: „Ich mache keine alten Gebäude.“ Schließlich übernimmt das Architekturbüro Studio Markovic aus Zagreb den Job. Rujana Markovic entwirft ein neues Layout für das Kloster, verwandelt die zwölf Mönchszellen in fünf großzügige Gästesuiten und schafft Platz für Salons, Bibliothek und einen Speisesaal. Die Einrichtung stammt von der bekannten italienischen Designerin Paola Lenti. Mit minimalistischem Mobiliar, modernster Technologie und zeitgeistorientiertem Dekor betont sie den Kontrast zu den sorgfältig renovierten Originalstrukturen.

Francesca Thyssen-Bornemisza hat das ehemalige Kloster zurückhaltend möbliert und mit erstklassiger Kunst bestückt

Ganz zum Schluss tritt die Hausherrin in Aktion und füllt den 5000 Quadratmeter großen Klosterkomplex mit kapitaler Kunst. Die zwei imposanten Holzengel am Eingang der Klosteranlage standen früher vor dem Museum der Villa Favorita, die einst Baron Thyssen-Bornemisza gehörte. Anderswo wurde munter gemischt: gotische Truhen und italienische Sofas, antike Wandteppiche und großformatige Fotografien von Thomas Struth.

Zufluchtsort

Kunst hat Tradition in der Familie Thyssen-Bornemisza: Hans Heinrich wird gerne als der letzte große Sammler abendländischer Kunstgeschichte gewürdigt. Tochter Francesca wächst am Luganersee auf, während ihres Studiums in London steigt sie zum It-Girl der frühen 80er-Jahre auf, feiert legendäre Partys mit Iggy Pop und Grace Jones, mit Politikern, Modedesignern, Fußballspielern und Aristokraten. Geschickt nutzt sie dann ihren Namen und ihre Verbindungen, um sich in der internationalen Szene zu etablieren. Sie wird zu einer wichtigen Figur im internationalen Kunst-Jetset – allerdings weniger als klassische Sammlerin denn als Geburtshelferin von Projekten und Werken, die ohne sie wohl kaum entstehen würden.

Wenn man so will, zählt auch Lopud 1483 dazu. Das Kloster war einst als Zufluchtsort gedacht, als abgelegenes Refugium für Menschen, die in Ruhe meditieren, in sich gehen, beten und sich heilen wollten. Der spirituelle Ansatz ist geblieben: Francesca Thyssen-Bornemisza versteht die Anlage als Treffpunkt für produktives Denken und kulturellen Austausch – Kuratoren wie Sam Keller oder Hans Ulrich Obrist und Künstler wie Olafur Eliasson oder Ragnar Kjartansson waren schon da. Zwischen Kräutergarten, Meditationspark, Pergola, Oliven- und Zitronenbäumen laden bequeme Polsterbetten zum Faulenzen ein, Steinstufen bieten leichten Zugang zum Meer. Die Sonnenterrasse auf dem Dach der Festung ist ideal für einen Cocktail zum Sonnenuntergang. Lopud 1483 mag ein Ort voll Kultur und Geschichte sein – man kann hier aber auch einfach ganz entspannt Urlaub machen. Oder eine tolle Party feiern. „Wir organisieren das in einem halben Tag“, sagt Francesca Thyssen-Bornemisza. „Schließlich weiß ich, wie das geht.“

2000 Euro/Suite, 10 000 Euro/ganze Anlage, lopud1483.com

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