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Soul Maids

Betrachten Sie den Besuch bei Nicole und Fleur in Franschhoek nicht als Farmaufenthalt oder Spa. Sondern als sanfte Landung für die Seele

Text: Katharina Hesedenz

Fleur Huijskens (links) und Nicole Boekhoorn, hier mit ihrer deutschen Dogge Winston und dem Doodle Frankie, haben die ehemalige Farm in ein Retreat für Sinnsucher verwandelt

Über diesem Retreat steht ein glücklicher Stern. Er ist sogar nach ihm benannt, genauer nach dem Hügel zug nahe der Farm aus dem 17. Jahrhundert, über dem jeden Abend ein funkelndes Gestirn aufsteigt: Sterrekopje. Den Namen haben die neuen Besitzerinnen behalten. Sonst nicht viel. Nicole Boekhoorn, eine 37-jährige niederländische Unternehmerin, hatte sich schon als Teenager in ihr Tagebuch geschrieben: „Ich werde eine Farm in Afrika haben.“ Als im März 2019 eine 50 Hektar große Oliven-und Weinfarm in Franschhoek zum Verkauf stand, beschloss sie, dass sie daraus „einen Rückzugsort mit Seele schaffen würde, an dem Menschen die Natur fühlen und heilen können.“ Ein paar Tage später lernte sie Fleur Huijskens kennen, verliebte sich, und schon war der gemeinsame Neustart in den Winelands ihr gemeinsames Projekt. Heute lebt das Paar in einem der schönsten Heilgärten der Welt und teilt seinen Herzensplatz mit internationalen Gästen.

Handgemalte Reminiszenzen an Indien schmücken die Orangery, die, durchflutet vom Licht der Sonne, als Tee- und Leseraum dient

In Sterrekopje wird man von Vogelgezwitscher geweckt und von Grillenzirpen in den Schlaf gesungen. Das sich auf gerade einmal elf Zimmer beschränkende Retreat folgt einem ganzheitlichen Ansatz, den es effektvoll mit Design, Hedonismus und einem nachhaltigen Gastronomiekonzept kombiniert. In diesem südafrikanischen Garten Eden soll jeder sein Glück auf eigene Art finden. Die 36-jährige Fleur Huijskens charakterisiert Nicole als den am meisten fokussierten Menschen, den sie kennt. „Sie weiß, was sie will – und dann setzt sie es einfach um.“ Als die beiden Sterrekopje entdeckten, war die landwirtschaftliche Anbaufläche, die sich seit 1694 im Besitz von nur zwei Familien befunden hatte, in bedauernswertem Zustand. Doch es gab Wasser, ein kostbares Gut in dieser Region, und verschiedene Gebäude, in denen separate Hotelbereiche Platz finden würden. Mit Beginn der Umbauarbeiten wurde in Südafrika der Lockdown verkündet, doch selbst dieser Rückschlag erwies sich als Vorteil.

Die elf Gästezimmer sind mit Kunst, alten und neuen Möbeln, Wandmalereien und luxuriösen
Stoffen ausgestattet

Durch ihn konnte einer der besten Landschaftsarchitekten der Welt, der ein paar Kilometer weiter in seinem Haus festsaß, gewonnen werden – und hatte nun Zeit, sich ganz auf das Dornröschen-Projekt zu konzentrieren. Als Star einer eigenen TV-Serie und mit Erfahrung in der Gestaltung von Gärten für Disney, die Vereinten Nationen und internationale Städte war Leon Kluge die perfekte Wahl. Der Südafrikaner, der gleich zwei Goldmedaillen für seine Designs für die Chelsea Flower Show nach Hause gebracht hatte, zog die gesamte Covid-Zeit im ehemaligen Haupthaus von Sterrekopje ein und begann, Teiche zu graben, Dämme aufzuschütten und Tausende von Pflanzen in einem improvisierten Gewächshaus großzuziehen.“ Ich griff auf die Samen meiner persönlichen Sammlung zurück, weil alle Geschäfte geschlossen waren“, erzählt er. Dass er so ein Meer aus Blüten, Gräsern und Farben schuf, beeindruckt umso mehr.

Four-Poster-Betten gibt es in allen Zimmern. In der „abundant sanctuary” ist es, dem Chinoiserie-Look entsprechend, aus Bambus gefertigt

Statt gerader Linien oder Kanten brachte Kluge alles in Fluss. Hier geht ein Hain voll knorriger Olivenbäume in einen blühenden Schmetterlingsgarten über, dort parfümieren Jasmin, Rosmarin, Lavendel und Majoran die Luft. Hinter dem Spa funkelt ein von Seerosen bedeckter Teich in der Sonne, ein Stück weiter der mit Kamillen eingefasste kreisrunde Badesee, Sterrekopjes Antwort auf kantige Designer-Pools. Das Herzstück der Anlage bildet der sogenannte Chakra-Garten, dessen energiegeladene Farbräume sich zum Meditieren, Lesen oder Tagträumen eignen. Weil Nicole Boekhoorn Selbstversorgung anstrebt, schuf Kluge einen 1,5 Hektar großen Gemüsegarten, der zwischen Nutzfläche und Kunstinstallation oszilliert. Nun findet das Küchenteam dort alles, was es zur Umsetzung des ambitionierten Farm-to-Table-Konzepts braucht. Als voll funktionierender landwirtschaftlicher Betrieb hält Sterrekopje auch Nutztiere. Man trifft Kühe, Pferde, Hunde und Esel, liebenswerte Hängebauchschweine und schnatternde Laufenten, die das Gelände aufmerksam nach Schädlingen durchkämmen. So chic wie die Frühstückseier legenden Hennen, deren Stall zur kapholländischen Residenz geriet, wohnt wohl kein anderes Tier.

Die Abendwiese wurde vom preisgekrönten Lanschaftsarchitekt Leon Klug ganz in Weiß bepflanzt

„Ich nenne es das Hühnerschloss“, lacht der Innenarchitekt Gregory Mellor, der das Haupthaus mit einem Kronleuchter ausgestattet hat. Die Projekte des in Kapstadt lebenden Designers reichen von luxuriösen Game Lodges bis zu exklusiven Ferienvillen. Ein kongenialer Mix von europäischen, afrikanischen und asiatischen Einflüssen, die er mal traditionell, mal modern einsetzt, ist sein Kennzeichen. Auf Sterrekopje zieht er alle Register. Wie er Farben, Muster, Textilien und Antiquitäten schichtet, strahlt eine wohltuende Ruhe aus und behandelt Themen, die den Auftraggeberinnen am Herzen liegen. Das lokale Erbe des Anwesens ist in Form von recycelten Holzdielen, orange glasierten Fliesen und rosaroten Fassaden einbezogen. Die Möbel und Stoffe stellen den Bezug zu früheren Reisen der beiden Holländerinnen her. Four-Poster-Betten aus Kenia, auf Wunsch mit Rohleinen oder ägyptischer Baumwolle bezogen, stehen neben handgeschnitzten Truhen aus Indonesien oder Kacheln aus Marokko.

Mit 50 Hektar Gärten, Feldern und Ackerland bietet Sterrekopje jede Menge Rückzugsmöglichkeiten

Die „Abundant Sanctuary“, die sich die zuvor in Fudong lebende Fleur gewünscht hat, wirkt floral und feminin, die afrikanische „Sanctuary“, deren Wände mit Kelimstoffen bezogen sind, stylish und modern. In vielen Räumen werfen fantasievolle Fresken Fotos: Emma Jude Jackson, Elsa Young, Adele Ferreira, Sarah Frances Kelley, Sterrekopje Stimmungsbilder auf die Wand. Die Küche etwa ist mit verschiedenen Gemüsesorten illustriert, die verdeutlichen, dass Nicole und Fleur eine vegane Ernährungsweise anregen. Die Steingutteller, auf denen die unterschiedlichsten Köstlichkeiten serviert werden, sind übrigens von lokalen Handwerkern aus der Tonerde gefertigt, die beim Graben des Pools entdeckt wurde. Die Liste der Aktivitäten und Angebote von Sterrekopje ist lang. Jeder soll die Möglichkeit haben, seine „Reise“, wie der Aufenthalt hier genannt wird, nach eigenem Gusto zu gestalten. Zu den Angeboten zählen Stressabbau durch Hammam-Sitzungen oder Massagen, Hypnotherapie, Meditation, Klangheilung oder Yogastunden auf einem schwimmenden Steg. Man kann unter Anleitung eine Landschaft malen, Brot backen oder Kräuter pflücken. Wer mehr Bewegung braucht, schwimmt im nahe gelegenen Stausee, macht eine Fahrradtour, geht am Berg oder bucht eine Partie Golf auf dem 30 Autominuten entfernten Landgut Val de Vie. Spa-Treatments und In-House-Aktivitäten sind im Preis inbegriffen. „Anfangs haben uns alle gewarnt, dass es ein Fehler wäre, unsere Journeys auf Allinclusive-Basis anzubieten“, erinnert sich Fleur. „Doch letztendlich macht genau das den Unterschied aus. Wir wollen das Beste aus verschiedenen Welten bieten, da macht man keine halben Sachen.“

Ab 1220 Euro für eine zweitägige „Reise“ inkl. aller Mahlzeiten und Getränke (auch Wein und Champagner), einer täglichen Spa-Behandlung und Aktivitäten.
Excelsior Road, Franschhoek, T. +27.21.007 07 62, sterrekopje.com

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