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Swiss Deluxe

Ein bewegungsfreudiger Oldtimer, heroische Landschaften und ein paar der besten Betten und Tische des Landes – wenn das kein Plan ist

Am Steuer: Reinhard Modritz Fahrtenbuch und Streckenfotos: Michael Hannwacker

Das haben wir uns vorgenommen: mit einem alten 911er (für Porsche-Fans: das letzte G-Modell) drei Tage ab Graubünden auf den schönsten Strecken die Kantone St. Gallen, Glarus, Schwyz, Luzern, Zug und Zürich durchqueren. Dass das Wetter himmlisch sein würde, war Fügung. Dass an den Pitstops große Küche wartet, dagegen fest eingeplant


Raststätte

Rheinaufwärts und schließlich entlang des Hinterrheins blubbern wir auf wie mit der Hand gefegten Landstraßen dem winzigen Weiler Fürstenau entgegen. Der auf der Karte der Genussmenschen eine Metropole ist. Denn hier steht Schloss Schauenstein, einst für ein (längst ausgestorbenes) Rittergeschlecht gebaut und seit 2003 Residenz des schönen Andreas Caminada. Im Erdgeschoss hat der kulinarische König der Eidgenossen eines seiner zwei Drei-Sterne-Restaurants eingerichtet, darüber zehn wunderbare Zimmer und Suiten mit dem gerade richtigen Anflug von Patina für die Zeit nach dem Mahl. DZ ab 370 Franken, zur Website

Glücksquellen

Unversehens geraten wir auf dem Weg zum nächsten Ziel in die Bündner Herrschaft. Die großartigen Weine, die hier gedeihen, sind jenseits der Grenzen nahezu unbekannt. Kein Wunder, die Schweizertrinken sie lieber selbst. Oder sie servieren die heimischen Tropfen in ihren besten Hotels. Das Grand Resort Bad Ragaz genießt einen unschlagbaren Ruf, was Wellness und Medical Health anbelangt. Der Komfort im vom Schweizer Hoteldesigner Claudio Carbone gestalteten Quellenhof ist ebenfalls kaum zu überbieten. Und nichts spricht gegen einen entschlossenen Sprung in den quellenreinen Pool vor dem palastähnlichen Prachtbau. Aber wir haben das Resort eigentlich nur wegen eines Mannes angesteuert: Sven Wassmer, der mit seinen Restaurants „Memories“ und „Verve by Sven“ dem Guide Michelin zusammen drei Sterne wert ist. DZ ab 990 Franken, zur Website

Ein kluges Resort nährt nicht allein Stoffwechsel und Zellen, sondern bietet auch geistige Nahrung. Als wir uns nach dem Frühstück und vor der Weiterfahrt noch ein wenig im weitläufigen Park im Zentrum des Kurortes ergehen, gerät unser Spaziergang zu einem Kunst-Parcours. Bei der Triennale BadRagARTz (die nächste ist für 2024 geplant) stellen internationale Bildhauer wie der Italiener Stefano Bombardieri aus, dessen monumentale Bronzeskulptur „Marta e l’Elefante“ zum Publikumsliebling avancierte.

Göttliche Dämmerung

Die Sonne ist bereits auf dem Rückzug, als wir den Porsche in die Auffahrt des Park Hotel Vitznau am Vierwaldstätter See lenken. Der Blick aus der Halle auf die im Licht der Dämmerung silbern schimmernde Wasseroberfläche ist derart fesselnd, dass wir fast vergessen einzuchecken. Das wäre schade gewesen, denn jede der 39 Suiten ist eine Etüde in individuellem Charme, am begehrenswertesten natürlich die, die auf den möglicherweise schönsten aller Seen schauen.

Wir wollen aber vor dem Abendessen auch noch einen Blick in den Keller werfen. Denn dort herrscht Star-Sommelier Sven Uzat, gerade mal 30 Jahre jung, über 32 000 beste und allerbeste Flaschen. Sein aktueller Lieblingswein? Er empfiehlt den 2015 Saumur AOC Brézé, einen Chenin Blanc von der Domaine Romain Guiberteau, und zwar besonders zum Kabeljau, den Zwei-Sterne- Chef Patrick Mahler in seinem „focus Atelier“ mit Muschel, Walnuss und Beurre blanc zum Höchstgenuss komponiert. Das Gourmet-Glashaus kontrastiert stark mit der schlossähnlichen Seeufer-Residenz, die der österreichische Milliardär Peter Pühringer vor 13 Jahren den Oetker- Erben abgekauft und für kolportiert 270 Millionen Franken aufgemöbelt hat. Und zwar so, dass wir am liebsten 911 Nächte in diesem Swiss Deluxe Hotel blieben. DZ ab 850 Franken, Menü ab 225 Franken, zur Website

Starckes Stück

Auch die schönste Genuss tour bereitet Schmerzen. Die der Trennung. Dürfen wir auf ein großes Finale hoffen? Ja, wir dürfen. Denn bald nach unserer Ankunft in Zürich spiegelt sich in der Motorhaube des 911ers die neobarocke Fassade des La Réserve Eden au Lac. Drinnen erleben wir das schmucke 40-Zimmer-Haus als lifestylige, aber extrem ausgeschlafene Ansage an die Grandes Dames von Zürich – ein ebenso hippes wie selbstbewusstes Mitglied der elitären Gruppe der Swiss Deluxe Hotels. Stardesigner Philippe Starck hat es, nur durch den Utoquai vom See getrennt, als imaginären Yachtclub gedacht – mit zwei erstklassigen Kombüsen. Im „La Muña“ unterm Dach (deren holzstrotzendes Chalet-Ambiente mit Karawanserei-Teppichen und einer Horror-Vacui-Täfelung mit See- und Segelmotiven selbst den unbegleiteten Gast einen Abend lang ausreichend unterhalten würde) serviert Executive Chef Marco Ortolani peruanisch-japanische Fusion in Perfektion. In der clubähnlichen „Eden Kitchen & Bar,“ dem lässigen, lichtdurchfluteten Restaurant im Parterre, verwirklicht der Ducasse-Schüler eine Cinemascope-Version italienisch-schweizer Weltküche. Wie gesagt: eine grande finale unserer petite tour de Suisse. DZ ab 500 Franken, Ceviche ab 39 Franken, Hauptgerichte ab 62 Franken, zur Website

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