Text: Patricia Bröhm
Fotos: Jan Trillen
Ein Datum stand bei Deutschlands Köchen rot im Kalender: der 26. März. Es war der Tag, an dem Michelin die Sterne vergab. Für Christoph Kunz wurde es purer Nervenkitzel, auch wenn er mit seinen 38 Jahren schon länger im Fine Dining Geschäft mitspielt. Aber diesmal war alles anders. Er trat zum ersten Mal für sein eigenes Restaurant an: Das „Komu“ in der Hackenstraße, im Herzen der Münchener Altstadt, ist die jüngste Gourmetadresse der Stadt. Die bange Frage: Wie wird die wichtigste Instanz im Gourmetgeschäft urteilen? Gibt es gleich wieder zwei Sterne, wie Kunz sie im „Alois“ bei Dallmayr erkocht hatte? Die Wetten liefen heiß unter den Gästen, aber der Chef blieb ganz cool. Das Warten hat sich gelohnt. Der deutsche Guide Michelin zeichnete das Restaurant auf Anhieb mit zwei Sternen aus. Nicht nur für München eine Sensation.
Die schwarzen Haare zurückgegelt, die Hände in den Hosentaschen, so steht er im Türrahmen und beobachtet das Treiben auf der Straße. Zentraler kann ein Restaurant nicht liegen. Viele Gäste kommen direkt vom Shopping, um das hochkarätige Degustationsmenü zu genießen. Oder auch nur auf ein Glas Champagner an der todschicken Bar mit den roten Samthockern, die so auch in Paris, Barcelona oder London Erfolg hätte. Die Schwabinger Designerin Stephanie Thatenhorst hat das ehemalige Ladenlokal ganz neu gedacht. Beim Eintreten ist man verblüfft von der Höhe der Räume – zum Teil mehr als vier Meter. Viel feingemasertes Ulmenholz und gedeckte Farben setzen einen urbanen Ton. Im großzügigen Entree laden gelbsamtene Polster zum Aperitif. Später nimmt man an runden Holztischen auf bequem gepolsterten Sitzbänken Platz, intimer Charakter prägt die Räume.
Genau so wollte es Christoph Kunz. Der gebürtige Freiburger kann auf eine illustre Vita verweisen. Er stand in Paris bei Alain Ducasse am Herd, in der Schweiz bei Andreas Caminada und im „Vendôme“ bei Joachim Wissler, dem Vordenker deutscher Avantgardeküche. Acht Jahre verbrachte er im Gourmetrestaurant des traditonsreichen Feinkosthauses Dallmayr, vier davon als „Alois“ Küchenchef. Und jetzt der Sprung ins kalte Wasser: „Das ,Komu‘ ist mein Lebenstraum.“ Endlich kann er genau so kochen, wie er es für richtig hält: mit beiden Beinen fest in der französischen Hochküche verankert, dabei offen für neue Entwicklungen und mit Mut zu starken Aromen, gern auch in überraschender Kombination. Zur Makrele gibt’s Grünkohlsalat mit Kokos, australische Finger Limes sorgen für frische Säure, Seeigel für Jodigkeit. Der Clou aber ist die strahlend gelbe Mandarinen Vinaigrette, die an indisches Lassi erinnert. Wie das schmeckt? Vielschichtig, anders – und einfach köstlich.Verblüffend gut auch die Kombination aus Brokkoli, frischem Lorbeer und einer Art indonesischer Saté Sauce auf Haselnussbasis, koreanische GochujangPaste bringt unterschwellige, aber deutliche Schärfe. Es ist eine Küche, die für interessierte Gaumen viel Neues bietet – und es der Weinbegleitung nicht immer leicht macht, Schritt zu halten. Das Schönste an Kunz’ Küche: Seine sehr eigenständigen Kreationen bieten bei Tisch viel Gesprächsstoff – man kann sie aber auch einfach genießen, ohne viel darüber nachzudenken. Das gilt für die luxuriöse Begegnung eines Périgord Trüffels mit Wagyu der höchsten Marmorierungsstufe A5 und Risotto aus fermentiertem japanischem Koji Reis ebenso wie für die Imperial Wachtel im Knuspermantel auf Ragout von geräucherter Paprika mit Blutorange und gebratener Entenleber. Und als Dessert? Die überraschende Liaison aus Vanilleeis, Blaukraut und Po melo. Also am besten gleich einen Tisch reservieren. Auch wenn das seit dem 28. März nicht mehr ganz so einfach sein dürfte.
Mi.–Sa. abends, Do.–Sa. mittags, Menü 249 Euro (mittags 119 Euro), hackenstraße 4, München, T. 0173.156 04 15, komu-restaurant.de