München
7833 Zur schönen Aussicht

Zur schönen Aussicht

Der 14. Juni ist ein besonderer Tag: Noch nie sah München mehr Männer in Röcken. Deutschland blamiert sich erstmals nicht bei einem Auftaktspiel zu einer EM. Und der neue Königshof, der jetzt Koenigshof, a Luxury Collection Hotel, Munich heißt, öffnet seine Drehtüren

Text: Reinhard Modritz

Aus dem hässlichen Entlein Königshof wurde ein schöner Schwan: der Koenigshof Munich. Foto: Koenigshof, a Luxury Collection Hotel, Munich


Man kann München nicht wirklich vorwerfen, bei Neubauten zu mutig zu sein. Erfreulicherweise ist der Koenigshof da eine rühmliche Ausnahme. Dem spanischen Architekten Nieto Sobejano, Sieger aus einem von der Stadt organisiertem Wettbewerb, ist mit dem Hotel der Luxury Collection von Marriott International ein großer Wurf gelungen, der auch London oder New York gut zu Gesicht stünde. Aus dem hässlichen Entlein Königshof wurde also ein stolzer Schwan.
So aufregend der kubische Bau am Karlsplatz/ Stachus von außen, so unaufdringlich elegant das Innenleben. Sogar das Gold, und von dem gibt es reichlich, nicht nur an der Fassade, sondern auch in der turmhohen Lobby und in der „The Gold“ Tagesbar, übt sich in vornehm matter Zurückhaltung.

Das gilt auch für die vom Münchner Büro Landau + Kindelbacher gestalteten 106 Suiten, die sich auf acht von neun Etagen verteilen. Sie sind von einem im besten Sinne zeitlosen Design, das man während des Aufenthaltes schätzt, aber an das man sich nach der Abreise nur mehr schemenhaft erinnert. Damit das nicht so bleibt, hält man kleine Memorabilia für die Gäste bereit, wie die Koenigshof Torte, die sich als Hommage an die berühmte Prinzregententorte versteht, einen Koenigshof Tee oder den Koenigshof Bellini. Besonderes Augenmerk unter den standesgemäßen Unterkünften verdient die Präsidenten-Suite, mit 250 Quadratmetern angeblich die größte Hotelsuite der Stadt, die mit einem Private Spa und einem veritablem Indoor Pool punkten kann, für 16.000 Euro, pro Nacht, versteht sich. Ist sie grade mal unbelegt, dürfen sich auch gewöhnliche Gäste mal verwöhnen lassen, Wellness für drei Stunden, macht 800 Euro.

Sind die acht Etagen ein überzeugendes Angebot für den angereisten Gast, so dürfen sich die Münchner auf die neunte freuen. Da lässt es der Koenigshof so richtig krachen, zum Beispiel mit dem Restaurant Greta Oto, das nach einem südamerikanischen Schmetterling benannt ist. Beim Betreten genießt man zu allererst die 180°-Aussicht auf München durch die Bodentiefen Panoramafenster, später beim Menü die Kreationen des Peruaners Michael Cánepa, den Foodies noch aus dem Mandarin Oriental Munich kennen und schätzen. Überhaupt begegnen einem etliche bekannte Gesichter aus ebendiesem Hotel, allem voran die ebenso charmante wie umtriebige General Managerin Rabea Möller.
Mit dem lateinamerikanischen Restaurant folgt der Koenigshof einem Trend, den It-Places wie Amazonico (Madrid, Monte Carlo) oder Coya (Marbella, Barcelona, London) höchst erfolgreich vormachen. Ob es allerdings die legendären Parties, die dort zu später Stunde stattfinden geben wird, bleibt abzuwarten.
Dagegen wird die stylische Rooftop Bar nebenan, die schon jetzt für ihren leckeren Pisco Sour bekannt ist, ganz sicher zum Stammplatz für die Münchner Bar Flies. An schönen Abenden öffnet sie sich zur weitläufigen Dachterrasse, die hoch über dem Stachus thront und den Blick auf den historischen Karlsplatz freigibt – ein Highlight. Überhaupt ist der Koenigshof ein Zugewinn für das gesamte Areal. Wenn später auch noch der hässliche Hinterhof zum nahen Bahnhof erst mal so richtig aufgehübscht ist, wird aus der bisherigen 2B-Lage sicher eine angesagte 1A-Location.
Bleibt am Ende die Frage, ob München nach dem Rosewood so schnell ein weiteres Fünfsterne-Hotel gebraucht hat. Die Antwort kommt umgehend und eindeutig: ja.

Koenigshof Munich, Karlsplatz 25, Tel +49 172 986-9076, ab 759 Euro, koenigshof-munich.com

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Vanilleeis mit Blaukraut

Münchens Fine-Dining-Szene boomt. Der jüngste Neuzugang heißt „Komu“ – eine Zwei-Sterne-Adresse für Ästheten und neugierige Gaumen

Text: Patricia Bröhm
Fotos: Jan Trillen

Ein Datum stand bei Deutschlands Köchen rot im Kalender: der 26. März. Es war der Tag, an dem Michelin die Sterne vergab. Für Christoph Kunz wurde es purer Nervenkitzel, auch wenn er mit seinen 38 Jahren schon länger im Fine­ Dining­ Geschäft mitspielt. Aber diesmal war alles anders. Er trat zum ersten Mal für sein eigenes Restaurant an: Das „Komu“ in der Hackenstraße, im Herzen der Münchener Altstadt, ist die jüngste Gourmetadresse der Stadt. Die bange Frage: Wie wird die wichtigste Instanz im Gourmetgeschäft urteilen? Gibt es gleich wieder zwei Sterne, wie Kunz sie im „Alois“ bei Dallmayr erkocht hatte? Die Wetten liefen heiß unter den Gästen, aber der Chef blieb ganz cool. Das Warten hat sich gelohnt. Der deutsche Guide Michelin zeichnete das Restaurant auf Anhieb mit zwei Sternen aus. Nicht nur für München eine Sensation.

Die schwarzen Haare zurückgegelt, die Hände in den Hosentaschen, so steht er im Türrah­men und beobachtet das Treiben auf der Straße. Zentraler kann ein Restaurant nicht liegen. Viele Gäste kommen direkt vom Shopping, um das hochkarätige Degustati­onsmenü zu genießen. Oder auch nur auf ein Glas Champagner an der todschicken Bar mit den roten Samthockern, die so auch in Paris, Barcelona oder London Erfolg hätte. Die Schwabinger Designerin Stephanie Thatenhorst hat das ehemalige Ladenlokal ganz neu gedacht. Beim Eintreten ist man verblüfft von der Höhe der Räume – zum Teil mehr als vier Meter. Viel feingemasertes Ulmenholz und gedeckte Farben setzen einen urbanen Ton. Im großzügigen Entree laden gelbsamtene Polster zum Aperitif. Später nimmt man an runden Holztischen auf bequem gepols­terten Sitzbänken Platz, intimer Charakter prägt die Räume.

Genau so wollte es Christoph Kunz. Der gebürtige Freiburger kann auf eine illustre Vita verweisen. Er stand in Paris bei Alain Ducasse am Herd, in der Schweiz bei Andreas Caminada und im „Vendôme“ bei Joachim Wissler, dem Vordenker deutscher Avant­gardeküche. Acht Jahre verbrachte er im Gourmetrestaurant des traditonsreichen Feinkosthauses Dallmayr, vier davon als „Alois“ ­Küchenchef. Und jetzt der Sprung ins kalte Wasser: „Das ,Komu‘ ist mein Lebenstraum.“ Endlich kann er genau so kochen, wie er es für richtig hält: mit beiden Beinen fest in der franzö­sischen Hochküche verankert, dabei offen für neue Entwick­lungen und mit Mut zu starken Aromen, gern auch in über­raschender Kombination. Zur Makrele gibt’s Grünkohlsalat mit Kokos, austra­lische Finger Limes sorgen für frische Säure, Seeigel für Jodigkeit. Der Clou aber ist die strahlend gelbe Mandarinen­ Vinai­grette, die an indisches Lassi erinnert. Wie das schmeckt? Vielschichtig, anders – und einfach köstlich.Verblüffend gut auch die Kombi­nation aus Brokkoli, frischem Lorbeer und einer Art indonesischer Saté­ Sauce auf Haselnussbasis, koreanische Gochujang­Paste bringt unterschwellige, aber deutliche Schärfe. Es ist eine Küche, die für interessierte Gaumen viel Neues bietet – und es der Weinbegleitung nicht immer leicht macht, Schritt zu halten. Das Schönste an Kunz’ Küche: Seine sehr eigenständigen Kreationen bieten bei Tisch viel Gesprächsstoff – man kann sie aber auch einfach genießen, ohne viel darüber nachzudenken. Das gilt für die luxuriöse Begegnung eines Périgord­ Trüffels mit Wagyu der höchsten Marmo­rierungsstufe A5 und Risotto aus fermen­tiertem japanischem Koji­ Reis ebenso wie für die Imperial­ Wachtel im Knus­permantel auf Ragout von geräucherter Paprika mit Blutorange und gebratener Entenleber. Und als Dessert? Die überra­schende Liaison aus Vanilleeis, Blaukraut und Po melo. Also am besten gleich einen Tisch reservieren. Auch wenn das seit dem 28. März nicht mehr ganz so einfach sein dürfte. 

Mi.–Sa. abends, Do.–Sa. mittags, Menü 249 Euro (mittags 119 Euro), hackenstraße 4, München, T. 0173.156 04 15, komu-restaurant.de

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