Frankreich
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Biarritz: Le Mélange Magique

Wo trifft die wilde Schönheit der französischen Atlantikküste mit ihrer ungezähmten Surferkultur auf die kultivierte Eleganz und subtile Noblesse einer „Station balnéaire“? In Biarritz!

Text und Fotos: Patricia Parinejad

Die Große Plage? Nein, La Grande Plage ist natürlich der große Strand von Biarritz zwischen dem Casino und dem terrakottaroten Hôtel du Palais. Er ist ein Ort, an dem Geschichte und Gegenwart mit der Gischt der Brandung verschmelzen.

Biarritz: Es ist der Kontrast zwischen Napoleon und Neopren, der den besonderen Reiz der Stadt ausmacht.

Den Status als nobles Seebad und Magnet für internationale Jetsetter bekam Biarritz nicht in die Wiege gelegt. Die längste Zeit seiner Existenz schlummerte der Ort als windzerzaustes Fischer- und Walfängerdorf zwischen Atlantik und den Ausläufern der Pyrenäen vor sich hin. Mitte des 19. Jahrhunderts jedoch, während der glänzenden Belle Époque, baute Napoleon III. seiner geliebten Eugénie eine herrschaftliche Sommerresidenz. In der Folge reisten Kaiser, Könige und die Haute volée aus ganz Europa an. Weil sie von den goldenen Lichtreflexen der Atlantikküste, der flirrenden Seeluft, dem saphirblauen Himmel und der wohltuenden Wirkung des Meereswassers ganz entzückt waren.

Noch heute ziehen muschelgesäumte Sandstrände, prächtige Jugendstil-Villen und märchenhafte Luxushotels sowie ein Überangebot an kreativen Boutiquen, Cafés und Bistrots auf den Promenaden Lebenskünstler aus ganz Europa an, welche die einzigartige Verbindung von glamouröser Vergangenheit und schicker Gegenwart schätzen. Und dass sich das kaiserliche Kurbad zur Gourmet-Destination, schicken Week–end-Getaway und Hotspot eines internationalen Surfpublikums entwickelt hat, das die Brandungswellen, die sich an der baskischen Küste vor Hossegor und Guéthary bis hin nach Urrugne auftürmen, reiten will. Es ist der Kontrast zwischen Napoleon und Neopren, zwischen Sternerestaurants und Fischbuden, Balenciaga-Robe und Billabong-Wetsuit, der den besonderen Reiz von Biarritz ausmacht.

Mit Schwung biegt die elegante Limousine durch das schmiedeeiserne Tor in die Vorfahrt ein. Wagenmeister und Portier eilen herbei und heben Schrankkoffer und seidene Hutschachteln aus dem Fond. Die ehemalige Villa Eugénie mit ihrer terrakottafarbenen Stuckfassade, die 1883 in das Hôtel du Palais umgewandelt wurde und jüngst nach aufwendigen Renovierungsarbeiten seine Pforten wieder öffnete, ist die Grande Dame des Städtchens an der Biskaya. Das Haus bleibt mit seiner hervorragenden Lage direkt an der Grande Plage mit ihren bunten gestreiften Sonnenzelten auch heute noch eine der Top-Adressen der Stadt. Kaum weniger schick ist das majestätisch auf einer Klippe neben dem Phare de Biarritz thronende Regina Experimental, dessen 15 Meter hohes Atrium und neobaskische Architektur gera-de ein poetisches Makeover bekamen.

Nur ein paar Blocks vom Meer entfernt und von allen Hotels fußläufig erreichbar, pflegt das lebendige Stadtzentrum kalifornisch-baskische Gelassenheit und Esskultur. In den kopfstein-bepflasterten Gässchen reihen sich Surfshops, Galerien und exquisite Lädchen wie das Open Me oder The Wild Bazar sowie zahlreiche Top-Restaurants lässig aneinander. Die baskische Chocolaterie „Txokola“ und das Szenerestaurant „Chistera et Coquillage“, wo es die besten Meeresfrüchte der Stadt und schmackhafte Pintxos – kleine baskische Tapas – gibt, gelten als Insidertipps. „Für unsere Gambas a la plancha bekommen wir die knackigen Garnelen täglich frisch vom morgendlichen Fischmarkt“, schmunzelt Besitzer Ludovic. Von ihm profitiert auch das „Saline“, eine hippe Ceviche Bar, in der sich Surfer nach Sonnenuntergang beim Wellentalk treffen.

Unweit von hier pflegt das Sternerestaurant des kultigen Hôtel Café de Paris eine authentisch baskische Note. Das Pariser Büro Maison Sarah Lavoine gestaltete unter Anwendung maritimer Farbkonzepte sowohl das geschmackvolle Inte-rieur des Hotels als auch die Innenräume des hellen Restaurants. Direkt an der Place Bellevue gelegen, mit Blick auf die Biskaya, den Leuchtturm und bizarre Felsformationen, genießen die Gäste auf der Terrasse die Aussicht auf das Treiben und das tosende Meer.

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La Grand Plage in Biarritz. Categories: Travel Schlagwörter: , , | Comments 2233 Frankreichs neuer Koch

Frankreichs neuer Koch

Er gilt als neues Wunderkind der französischen Spitzenküche und Darling der Pariser Modeszene. Er modelt für Ralph Lauren und kocht für Louis Vuitton: Mory Sacko ist das gut gelaunte Gesicht des neuen Frankreich

Text: Patrizia Bröhm

Mory Sacko ist Frankreichs neues Wunderkind der Küche.
Mory Sacko ist Frankreichs neues Wunderkind der Küche. Foto: Virginie Garnier

Man musste schon ausgemachter Optimist sein, um im Corona-Jahr 2020 ein Restaurant zu eröffnen. Mory Sacko ist einer. Im Frühjahr, während des ersten Lockdowns, war er durch die Koch-Show „Top Chef“ frankreichweit bekannt geworden. So hatte er mit schlaksiger Eleganz und breitem Lächeln die Herzen der Zuschauer erobert. Im Herbst eröffnete er dann auch schon sein eigenes Restaurant „MoSuke“ in Paris, zwei Monate vor dem nächsten Lockdown.

Doch die wenigen Wochen hatten genügt, um dem jungen Talent hymnische Besprechungen in den wichtigsten Tageszeitungen zu sichern – und einen Michelin-Stern, der Anfang 2021 verliehen wurde. „Ich war völlig perplex“, sagt der heute 30-Jährige. Von da an geht es nur noch bergauf für den Sohn von Einwanderern aus Mali. Das Restaurant-Ranking „La Liste“ ruft ihn als eines der weltweit fünf größten Talente aus, das „Time“- Magazin benennt ihn, in einer Reihe mit Greta Thunberg und der Blockbuster-Heldin Tessa Thompson, zum „next generation leader“ aus. Als der Sender France 3 ihm dann eine eigene Fernsehshow anträgt, bekommt Sacko Zweifel: Wird das TV-Publikum einen Zwei-Meter-Mann mit afrikanischen Wurzeln und Dreadlocks als Host akzeptieren? Er macht sich auf einen Shitstorm gefasst. Stattdessen wird das Format, in dem er die Rezepte und Spezialitäten von Frankreichs Regionen erkundet, mit bis zu 1,6 Millionen Zuschauern ein Riesenerfolg.

Mory Sacko´s kleines Restaurant "MoSuke" in Montparnasse ist bewusst puristisch gehalten.
Das kleine Restaurant MoSuke in Montparnasse ist bewusst puristitisch gehalten. Foto: Virginie Garnier

„Es ist ein Zeichen, dass sich die Dinge in Frankreich ändern“, träumt Sacko. Sein kleines Restaurant in Montparnasse wird in kürzester Zeit nicht nur zu einem Symbol für die neue Offenheit der französischen Küche, sondern auch zum Hoffnungsträger für junge Menschen aus den Banlieues. Viele schreiben ihm Briefe. „Früher wollten dort, wo ich herkomme, alle Fußballer oder Popstar werden“, sagt er. „Heute träumen sie von einer Karriere als Chef.“ Das macht ihn stolz: „Ich hatte nie den Plan, ein Role Model zu werden. Aber genau das ist passiert.“ Sein Küchenstil? Ein sehr persönlicher Mix aus französischen, afrikanischen und japanischen Einflüssen.

Mittelpunkt MoSuke: Wo Afrika auf Frankreich trifft

Im „MoSuke“, dessen lichter Gastraum in Weiß und hellem Bambusholz gehalten ist, werden Gerichte serviert, die man so nirgendwo anders bekommt. Dazu gehören bretonische Seezunge, im Bananenblatt auf den Punkt gegart und mit der japanischen Würzmischung Togarashi aromatisiert. Dazu wird Attiéké, fermentierter Maniok, wie man ihn an der Elfenbeinküste isst, serviert. Und als Dessert folgt marinierte Ananas mit Hibiskus-Sorbet und kandiertem Shiso-Blatt. Für Mory Sacko, der im Pariser Westen aufwuchs, bedeutet die Küche Afrikas Heimat. So versammelte sich in seiner Kindheit etwa jeden Abend die Familie rund um den Tisch. Seine Mutter, eine begeisterte Köchin, servierte daraufhin ihre scharf gewürzten Gerichte: „Wir waren neun Geschwister zuhause, das Abendessen war immer eine große Party.“

Es sind die Zutaten und Einflüsse aus Mali und dem Senegal, wo seine Mutter aufwuchs, die seine eigene Küche heute so unverwechselbar machen. Kochbananen, Maniok-Wurzeln oder Akpi-Nüsse aus Kamerun, die nach Schokolade duften, kauft er im 18. Arrondissement, wo Paris beinahe aussieht wie Dakar oder Bamako. Und wenn er mit einem afrikanischen Rezept nicht weiterkommt, ruft er einfach seine Mutter an.

Japanische Bezüge

Der Name „MoSuke“ steht allerdings nicht nur für Afrika, sondern auch für Japan als Inspiration der Küche. Zum Beispiel bei gegrilltem Hummer mit fermentierter Paprika, Tomate und Miso. Dessen Umami-Power gibt ein spannungsreiches Spiel mit der delikaten Süße des Krustentiers und der feinen Säure der Peperoni ab. Tatsächlich kombiniert „MoSuke“ seinen Namen mit „Yasuke“ – so hieß ein afrikanischer Sklave, der im Japan des 16. Jahrhunderts als „schwarzer Samurai“ zur Legende wurde und dessen Leben Stoff einer Netflix-Serie war.

Die Teller im MoSuke sind alle hochästhetisch angerichtet. Wie hier geräucherter Aal, mit Sepiatinte gefärbte Pasta.
Die Teller im MoSuke sind alle hochästhetisch angerichtet. Wie hier geräucherter Aal und mit Sepiatinte gefärbte Pasta. Foto: Quentin Tourbez

Inspiriert von der Küche seiner Mutter und TV-Dokumentationen über französische Palasthotels, schreibt er sich mit 15 Jahren an der Hotelfachschule ein. Erst dort entdeckt er die kulinarische Welt jenseits von Poulet Yassa (mit Zitrone und Zwiebeln) oder Boeuf Mafé (mit Erdnusssauce). Ganz fasziniert von der großen französischen Küchentradition, betont er: „Ich hatte keine Großmutter, die Boeuf bourguignon kochte, für mich war das eine ganz neue Dimension.“ Heute zieren einige der besten Pariser Adressen seinen Lebenslauf, vom Royal Monceau (bei Nobu Matsuhisa) über das Shangri-La bis zum Mandarin Oriental, wo er in Spitzenkoch und Japan-Liebhaber Thierry Marx seinen Mentor findet.

Mory Sacko in der Küche beim Anrichten
„Ich bin ein Franzose des 21. Jahrhunderts. Frankreich sieht heute auch ein Stück weit so aus wie ich“, so Mory Sacko, Jahrgang 1992. Foto: Chris Saunders

Rasante Karriere Richtung Kocholymp

Schnell steigt er in der Hierarchie auf. Als er sich bei „Top Chef“ bewirbt, ist er Marx’ Souschef. Schon damals träumt Mory Sacko vom eigenen Restaurant in Paris. Heute führt er nicht nur das „MoSuke“, sondern unter dem Label „MoSugo“ auch zwei trendige Fastfood-Konzepte , weitere sind in Planung. Für Aufsehen sorgte im Sommer 2022 das Pop-up „Mory Sacko at Louis Vuitton“ in St. Tropez. So entdeckte auch die Pariser Modeszene den coolen Chef gleich von Anfang an für sich. Bald modelte Mory Sacko für Ralph Lauren und caterte für Emmanuel Macron. Die Dependance an der Côte d’Azur ergab sich aus einer Zusammenarbeit mit Louis Vuitton. Thunfisch in Bissap- Vinaigrette mit geräucherter Paprika oder geröstete Seebrasse im Bananenblatt mit Kokosnuss schmeckten auch der It-Crowd an der Riviera. Die Fans hoffen darauf, dass das stylish inszenierte Lokal im Hotel White 1921 diesen Sommer wieder aufpoppt.

Wovon träumt einer, der scheinbar alles erreicht hat? „Irgendwann möchte ich ein Restaurant in Afrika eröffnen, vielleicht an der Elfenbeinküste oder im Senegal.“ Vorläufig aber ist er vor allem auf eines nämlich stolz. Denn er hat bewiesen, dass man auch als Kind der Vorstadt mit afrikanischen Rezepten einen Stern erkochen kann.

MoSuke, Rue Raymond Losserand, 75014 Paris, T. 0033.1.43 20 21 39, mosuke-restaurant.com

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